Gemeinsame Pressemitteilung vom 01. November 2017

Zivilgesellschaftliche Organisationen fordern handelspolitisches Umsteuern von 
neuer Bundesregierung


Berlin: Einen Tag vor den Sondierungsgesprächen zum Thema Handel stellen der 
Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND), der Bund Ökologische 
Lebensmittelwirtschaft (BÖLW), der Deutsche Kulturrat, Transparency 
International Deutschland und der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) 
gemeinsam das Positionspapier "Alternative Handelspolitik" zur Debatte um eine 
künftige Handelspolitik vor, das auch von der Vereinten 
Dienstleistungsgewerkschaft ver.di, dem Deutschen Naturschutzring (DNR) und der 
Akademie der Künste (AdK) mitgetragen wird.



"Wir fordern von der neuen Bundesregierung ein Umsteuern in der internationalen 
Handelspolitik. Handel und Handelsliberalisierungen sind kein Wert an sich, sie 
müssen den Menschen und ihren Lebensbedingungen dienen", fasst Hubert Weiger, 
Vorsitzender des BUND, die übereinstimmende Meinung zusammen. Ein 
Richtungswechsel in der internationalen Handelspolitik drängt. Handelspolitik 
muss zur Entwicklung einer nachhaltigen Weltordnung beitragen und sich 
insbesondere den UN-Nachhaltigkeitszielen und dem Pariser Klimaschutzabkommen 
unterordnen. "Die neuen Koalitionäre müssen die Ausrichtung unseres 
Wirtschafts- und Handelssystems überdenken, auch im Hinblick auf die wachsende 
soziale Ungleichheit und den abnehmenden Zusammenhalt der Gesellschaft. Es 
würde einer neuen Regierung gut anstehen, diesen Diskurs mit der Öffentlichkeit 
zu führen", so Weiger weiter.



Zentrale Forderungen sind die Achtung von Menschenrechten sowie der Schutz von 
Verbraucher- und Arbeitnehmerrechten und der Umwelt. "Um sicherzustellen, dass 
die in der EU geltenden Werte und Standards nicht gesenkt oder umgangen werden, 
muss in allen Handelsabkommen ein Katalog zentraler Umwelt-, Verbraucher- und 
Arbeitnehmernormen verbindlich verankert sein", fordert Klaus Müller, Vorstand 
des Verbraucherzentrale Bundesverbands. "Eine Handelsliberalisierung muss 
ökologische und soziale Ziele befördern, anstatt sie zu gefährden." 
Errungenschaften wie das Vorsorgeprinzip oder Regeln zur Produktkennzeichnung 
sowie zum Datenschutz müssen Bestand haben und dürfen nicht mit Handelsabkommen 
durch die Hintertür ausgehebelt werden.



Im Positionspapier für eine alternative Handelspolitik wird außerdem ein 
konsequenter Schutz der öffentlichen und gemeinnützigen Daseinsvorsorge 
gefordert. Dies betrifft auch den gemeinnützigen Kultur- und Medienbereich, der 
keiner Handelsliberalisierung und Privatisierung unterliegen darf. 
"Hinsichtlich der Kultur- und Kreativwirtschaft muss im Blick sein, dass 
Kulturgüter und -dienstleistungen einen ideellen und einen ökonomischen Wert 
haben. Diesem Doppelcharakter von Kultur muss bei internationalen 
Handelsabkommen Rechnung getragen werden. Dies schließt die Medien ein und gilt 
insbesondere in der digitalen Welt. Handelsabkommen müssen daher die Einhaltung 
der UNESCO-Konvention über den Schutz und die Förderung kultureller Vielfalt 
sicherstellen", erklärte Olaf Zimmermann, Geschäftsführer des Deutschen 
Kulturrates.



"Mehr Transparenz, parlamentarische Kontrolle und Regeln zur effektiven 
Korruptionsbekämpfung sind für gerechte und faire Handelsbeziehungen ebenfalls 
unabdingbar", sagt Edda Müller, Vorsitzende von Transparency International 
Deutschland. Die Zuständigkeit für die Erteilung von Verhandlungsmandaten muss 
gemeinsam beim Rat der EU und dem Europäischen Parlament liegen. Sämtliche 
handelspolitische Mandate, Textvorschläge, Zwischenberichte und konsolidierte 
Texte müssen öffentlich verfügbar sein und zivilgesellschaftliche Vertreter 
sind in allen Stufen der Entwicklung und Verhandlung gleichberechtigt mit den 
Wirtschaftslobbyisten zu beteiligen. "In Verträgen festgelegte Gremien zur 
Harmonisierung von Regelwerken dürfen nicht allein mit Wirtschaftsvertretern, 
sondern müssen auch mit Vertretern für soziale und ökologische Belange besetzt 
werden. Auch sollten Handelsabkommen im Interesse der Menschen regelmäßig 
evaluiert werden, insbesondere im Hinblick auf ihre Auswirkungen auf 
Gemeinwohlinteressen", so Edda Müller.



Auch eine zukunftsfähige Landwirtschaft muss aus Sicht der Autoren im Rahmen 
zukünftiger Handelsabkommen einen wichtigen Stellenwert bekommen. Dazu Elke 
Röder, Vorstandsmitglied BÖLW: "Landwirtschaft braucht stabile Ökosysteme. 
Gleichzeitig beansprucht sie diese Systeme aber deutlich stärker als andere 
Wirtschaftszweige. Um auch in Zukunft noch wirtschaften zu können, muss 
Handelspolitik daher zwingend eine ökologische und sozial nachhaltige 
Landwirtschaft stärken, anstatt Agrarfabriken zu begünstigen, die ihre 
Produktion zu Lasten von Klima, Boden und Wasser betreiben." Durch den 
derzeitigen Fokus auf den freien Austausch von Waren werden solche Unternehmen 
noch gefördert, statt Bauern zu stärken, die Gemeingüter nachhaltig nutzen.



Weiterhin fordern die Autoren des Papiers eine Neujustierung der Balance 
zwischen dem Schutz von Investitionen und den Pflichten von Investoren "Schutz 
von Investitionen ja, aber nur mit verbindlichen Pflichten für Investoren", so 
Hubert Weiger. "Statt intransparenter Sondergerichtsbarkeit sollte es einen 
diskriminierungsfreien Zugang zu inländischen Gerichten geben." Außerdem dürfen 
Regulierungen, die zur Erreichung der UN-Nachhaltigkeitsziele und Pariser 
Klimaziele erforderlich sind, nicht zu Schadenersatzklagen führen, da sie 
erwartbar sind und daher von den Investoren einkalkuliert werden können. 
"Internationale Handelsabkommen dürfen nicht außerhalb der nationalen 
Gerichtsbarkeit und über nationalem Recht stehen. Gerade in Zeiten zunehmender 
Verunsicherung der Menschen ist nachhaltige Handelspolitik das Gebot der Zeit", 
endet Olaf Zimmermann mit Blick auf die aktuelle Regierungsbildung.





Hinweis:
Das Positionspapier "Alternative Handelspolitik" (PDF) finden Sie unter: 
www.bund.net/fairer_welthandel<http://www.bund.net/fairer_welthandel>





Pressekontakte:
Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland e.V. (BUND)
Sigrid Wolff, BUND-Pressesprecherin
Tel.: 030-27586-425
pre...@bund.net<mailto:pre...@bund.net>

Bund Ökologische Lebensmittelwirtschaft e.V. (BÖLW)
Joyce Moewius, Presse- & Öffentlichkeitsarbeit
Tel.: 030.28482307
pre...@boelw.de<mailto:pre...@boelw.de>

Deutscher Kulturrat e.V.
Gabriele Schulz, Stv. Geschäftsführerin
Tel.: 030-226 05 28 18
g.sch...@kulturrat.de<mailto:g.sch...@kulturrat.de>

Transparency International Deutschland e.V.
Sylvia Schwab, Pressesprecherin
Tel.: 030-54 09 09 10
pre...@transparency.de<mailto:pre...@transparency.de>

Verbraucherzentrale Bundesverband e.V. (vzbv)
Franka Kühn, Leiterin Team Presse und Pressesprecherin
Tel. 030-258 00-525
pre...@vzbv.de<mailto:pre...@vzbv.de>


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