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taz - 15.04.2012

Öl- und Gasbohrungen im hohen Norden

Arktik unversicherbar

Die Versicherungsbörse Lloyd's erklärt Öl- und Gasbohrungen in arktischen 
Gewässern zum unkalkulierbaren Risiko. Man wisse nicht genug über das Ökosystem.

von Reinhard Wolff

STOCKHOLM taz | Auf der Versicherungsbörse Lloyd's in London wird alles 
versichert. Fast alles. Doch Ölkonzerne, die in der Arktis nach Öl und Gas 
bohren wollen, bräuchten gar nicht erst zu fragen, erklärte Lloyd's-Direktor 
Richard Ward in der vergangenen Woche in Oslo: "Ich bezweifle, dass es viele 
Versicherungen gibt, die das versichern werden." Das Risiko eines Unfalls sei 
ganz einfach zu hoch, die möglichen Kosten seien nicht kalkulierbar. 

Der Run auf das Öl unter den arktischen Gewässern tritt in diesem Sommer in 
eine neue Phase. Shell will vor Alaska offshore bohren, eine Gazprom-Tochter 
bei der russischen Insel Nowaja Semlja, und die norwegische Statoil bereitet 
sich auf Erkundungsbohrungen in der Barentssee und vor Grönland vor. 100 
Milliarden Dollar sollen nach bisherigen Planungen in den kommenden zehn Jahren 
in die arktische Öl- und Gassuche investiert werden. 

"Der hohe Ölpreis macht das natürlich noch interessanter", erklärte Ward. Aber 
es müsse eine Balance zwischen den möglichen wirtschaftlichen und den eventuell 
bedrohten ökologischen Werten geben. "Und da ist die Frage, ob unsere 
Fähigkeiten zur Risikobeherrschung in der Arktisregion ausreichend sind." 

Lloyd's verneint das. Die Börse hatte eine Risikoeinschätzung einer "Öffnung 
der Arktis" in Auftrag gegeben, die nun in Oslo vorgestellt wurde. In dem 
Bericht ist von schweren Beeinträchtigungen des Ökosystems die Rede. Nicht nur 
durch die Ölbohrungen selbst, sondern auch durch den erforderlichen Bau der 
Verkehrsinfrastruktur und Pipelines sowie durch die Lärmbelästigungen und 
seismischen Aktivitäten, die etwa das Migrationsmuster von Walen 
beeinträchtigen könnten. 

Käme zu diesen Effekten des Normalbetriebs solcher Bohrungen dann auch noch ein 
Unfall mit möglichem unkontrolliertem Ölaustritt hinzu, seien nicht 
abzuschätzende Schäden zu befürchten. Lloyd's-Chef Ward sagte, es gebe noch 
viel zu wenig Wissen über das komplexe Ökosystem der Arktis. Er könne den 
Ölkonzernen deshalb nur empfehlen, "einen Gang zurückzuschalten" und mit 
möglichen Bohraktivitäten abzuwarten. Geld solle nicht in riskable Bohrungen, 
sondern in gründliche Forschung über die Arktis investiert werden. 

Truls Gulowsen von der Umweltschutzorganisation Greenpeace begrüßt das 
Lloyd's-Signal: "Das kommt ja von einem Akteur, der in der Wirtschaft als 
glaubwürdig gilt, und es kommt nicht so oft vor, dass man aus dieser Ecke so 
deutliche Worte hört." Zwar stehe im Lloyd's-Rapport eigentlich nur, was 
Greenpeace seit Jahren sage. Gulowsen: "Nun steigt vielleicht die Chance, dass 
das gehört wird."

-Energie-Wirtschaft-Meere-2

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