On Monday, April 07, 2014 9:56 AM, Norbert Rost
[mailto:norbert.r...@regionalentwicklung.de] wrote:

Ein sehr schönes Interview, das die Probleme gut auf den Punkt bringt.

Ich habe über Stefan Kühn die Bundesregierung kürzlich gefragt, was sie über
den Cyber-Angriff auf den saudischen Ölkonzern Saudi Aramco in 2012 weiß.
Antwort: Sie weiß nur, was in der Zeitung steht. Ich habe auch gefragt,
welche Informationen die Bundesregierung über Angriffe auf die hiesigen
Energie-Infrastrukturen hat. Antwort: Keine.

Nachlesbar nochmal hier:
http://www.heise.de/tp/artikel/41/41330/1.html

Angesichts dessen, dass Elektrizität die Grundlage jeder unserer
gesellschaftlichen Aktivitäten ist, bleibt zu hoffen, dass baldigst eine
gesellschaftliche Diskussion über die Resilienz und Verletzlichkeit unserer
Energieversorgungssysteme entsteht. Bevor die Lichter wirklich mal ausgehen.

Norbert Rost

--
Büro für postfossile Regionalentwicklung
Norbert Rost
Fetscherstr. 33
01307 Dresden
Tel: 0351 / 4466069
Mobil: 0152 / 53951140
http://www.regionalentwicklung.de



Am 07.04.2014 um 07:36 schrieb Greenhouse Infopool:

neue energie 
http://www.neueenergie.net/wissen/technologien/ein-blackout-wird-kommen

04.04.14

„Ein Blackout wird kommen“

Mathias Dalheimer, IT-Forscher und Mitglied im Chaos Computer Club, über die
Risiken einer zunehmenden Computerisierung des Energiesystems und die
Möglichkeiten, über das Energieinternet politische Konflikte auszutragen

Interview: Astrid Dähn

neue energie: Unsere Kommunikationsnetze sind massiven Sicherheits-Attacken
ausgesetzt, wie der Abhörskandal um das Handy der Bundeskanzlerin jüngst
verdeutlicht hat. Inwiefern betrifft dieses Problem auch das Energiesystem?

Mathias Dalheimer: Alles ist computerbasiert. Es gibt keinen fundamentalen
Unterschied mehr zwischen Telekommunikationssystemen und anderen
IT-Systemen. Überall kommt Internettechnologie zum Einsatz. Wenn die
angreifbar ist, dann gilt das auch für den Datenaustausch im Energienetz,
etwa zwischen Erzeugern und Netzbetreibern.

neue energie: Ist es also anzunehmen, dass im Energie-Datennetz heute schon
ähnliche Übergriffe stattfinden wie im Internet?

Dalheimer: Davon würde ich zunächst mal ausgehen. Leider gibt es in
Deutschland bislang keine Meldepflicht für solche Vorfälle und auch keine
offizielle Registrierungsstelle dafür. Wenn sich in einem Atomkraftwerk
irgendeine sicherheitsrelevante Störung ereignet, muss sie gemeldet werden.
Für IT-Systeme gilt das nicht, und damit auch nicht für das Energienetz.
Deshalb fällt es mir schwer, da eine belastbare Aussage zu treffen.

neue energie: Ein paar Fälle sind doch aber sicher bekannt geworden...

Dalheimer: Ja, zum Beispiel 2010 die Attacke mit dem Computerwurm Stuxnet,
der gezielt ein Steuerungssystem in einer iranischen Urananreichungsanlage
angegriffen hat. Das war ein technologisch extrem anspruchsvoller Angriff,
das Komplexeste, was wir in dieser Art je gesehen haben. Ansonsten ist
bisher wenig an die Öffentlichkeit gelangt.

neue energie: Wo liegen die Hauptschwachstellen des Systems?

Dalheimer: Wenn es um bewusste Manipulation geht, dann sind die
Hauptangriffspunkte die Schnittstellen zwischen den Akteuren im
Energiesystem. Wir haben heute keine monolithisch aufgebauten, einzelnen
Versorgungsnetze mehr, sondern sämtliche Marktteilnehmer sind gezwungen über
den Marktmechanismus miteinander zu kommunizieren. Dafür wurden und werden
ganz viele Schnittstellen eingerichtet, die alle potenzielle Einfallstore
für Missbrauch sein können.

neue energie: Was könnten denn die Ziele der Angreifer sein?

Dalheimer: Das kommt auf das Einfallstor an. Ich halte es für
unwahrscheinlich, dass etwa die Smart Meter für unerlaubte Übergriffe im
großen Stil missbraucht werden. Auf dieser Ebene kann es zwar zu kleineren
Manipulationen kommen, etwa weil Privatleute ihre Stromrechnung ein wenig
frisieren wollen. Aber ansonsten wird Spionage hier gar nicht nötig sein,
weil die Daten den Marktteilnehmern ohnehin zugänglich sein werden, fürchte
ich.

neue energie: Wie kommen Sie zu dieser Einschätzung? 

Dalheimer: In einer Kosten-Nutzen-Analyse beispielsweise, die das
Beratungsunternehmen Ernst &Young im vergangenen Sommer für das
Bundeswirtschaftsministerium erstellt hat, werden verschiedene Szenarien für
die Einführung von Smart-Metern durchgespielt und miteinander verglichen.

In dem Szenario, das die geringsten volkswirtschaftlichen Kosten aufweist,
ist explizit die Nutzung dieser Smart-Meter-Daten durch Dritte vorgesehen.
Der Datenverkauf würde sich offenbar lohnen.

neue energie: Ist das besser als illegale Spionage?

Dalheimer: Nicht viel. Ich jedenfalls möchte nicht, dass ein Dritter
offiziell Zugang zu meinen Daten hat. Stellen Sie sich vor, die Schufa
möchte mehr über Sie erfahren: Aufgrund der Smart-Meter-Daten kann man
relativ einfach ablesen, ob jemand einer geregelten Tätigkeit nachgeht, wie
groß sein Haushalt ist, wie viele Geräte dort installiert sind, teilweise
sogar, wie alt diese Geräte sind - sehr sensible Informationen.

neue energie: Abgesehen vom Auslesen der Smart Meter: Welche Absichten
könnten noch hinter einem Angriff auf das Energienetz stecken?

Dalheimer: Für Attacken, die über die verschiedenen Schnittstellen im
Steuerungssystem des Energienetzes erfolgen, sehe ich vor allem zwei Motive:
Zum einen könnte es um Manipulationen an der Strombörse gehen. Es wäre zum
Beispiel denkbar, dass ein Anbieter seine Regelenergie nicht verkauft
bekommt und dann auf dem Minutenmarkt versucht, die Überschüsse loszuwerden.
Um das Angebot künstlich zu verknappen und so den Preis nach oben zu
treiben, könnte er illegal Erzeugungsanlagen abregeln oder sogar
beschädigen.

neue energie: Und das zweite Motiv?

Dalheimer: Das halte ich für eine wesentlich größere Gefahr: nämlich
gezielte Terrorakte. Das Stromnetz ist eine kritische Infrastruktur. Unsere
Wasserversorgung, Tankstellen, Krankenhäuser - ganz viele Dinge, die man im
Alltag unbedingt braucht, funktionieren nur mit Strom. Unsere
Notstromversorgung ist in der Regel auf acht Stunden ausgelegt. Wenn es
Terroristen gelänge, das Verteilnetz für längere Zeit zu stören, wäre das
verheerend. Wobei gezielte Sabotage wohl nicht nur von Terroristen zu
befürchten ist.

neue energie: Sondern?

Dalheimer: Über die Manipulation der Energie-IT-Infrastruktur könnten meiner
Ansicht nach auch völkerrechtliche Konflikte ausgetragen werden. Ein Beleg
dafür ist Stuxnet. Sicherheitsforscher gehen mittlerweile davon aus, dass
der Angriff zu komplex war, um von irgendeiner privaten Gruppe ausgeführt
worden zu sein. Man vermutet dahinter staatlich organisierte Angreifer, die
sich gesagt haben, wir wollen nicht, dass der Iran Uran anreichern kann,
also zerstören wir lieber mal seine Erzeugungsmaschinerie. Das war eine sehr
zielgerichtete Attacke, die aus einer klaren politischen Absicht heraus
vorgenommen wurde.

neue energie: Gibt es Hinweise darauf, dass so etwas öfter vorkommt?

Dalheimer: Hier stoßen wir wieder auf das Problem, dass man darüber in
Deutschland lieber nicht redet. Mag sein, dass es Fehlfunktionen gibt im
Stromnetz. Aber genau zu sagen, ob das ein Fehler war, der von innen kam,
verursacht zum Beispiel durch falsche Bedienung, oder ob es sich um einen
Angriff von außen handelte - dazu gibt es keine Angaben. In dieser Hinsicht
Transparenz zu schaffen, ist eine zentrale Forderung des Chaos Computer
Clubs, nicht zuletzt um eine gesellschaftliche Debatte über die Risiken der
zunehmenden Vernetzung des Energiesystems in Gang zu bringen.

neue energie: Wie könnte man sich gegen solche Risiken schützen?

Dalheimer: Zum einen müsste man schlicht größere Stromreserven anlegen,
sodass die Notstromversorgung im Katastrophenfall länger als acht Stunden
aufrechterhalten bleibt.

neue energie: Und was die IT-Technik anbelangt? Die Bundesnetzagentur etwa
entwickelt gerade einen Maßnahmenkatalog, um das Energienetz abzusichern.
Was halten Sie davon?

Dalheimer: Prinzipiell halte ich den Ansatz der Bundesnetzagentur für
gangbar. Sie hat ein existierendes IT-Sicherheitsmanagementsystem genommen,
die entsprechende ISO-Norm, und hat da noch ein paar Regeln genauer
spezifiziert. Sie hat zum Beispiel festgelegt, dass dokumentiert werden
muss, welche Betriebssysteme im Einsatz sind - für sämtliche Anlagen, die in
das Energienetz involviert sind. Auf der anderen Seite gibt es immer noch
viel Unsicherheit. Die Industrie hat sich da einige Hintertürchen offen
gelassen.

neue energie: Kann man ein solch komplexes System wie das Energie-IT-Netz
überhaupt lückenlos schützen?

Dalheimer: Die ehrliche Antwort lautet: nein. Im Energiesystem gibt es
einfach zu viel Marktdruck. Die Energieversorger müssen sich zum einen immer
wieder sehr schnell an veränderte rechtliche Rahmenbedingungen anpassen. Zum
anderen müssen sie auch neue Geschäftsmodelle entwickeln, um auf dem Markt
bestehen zu können.

neue energie: Was bedeutet das für die Sicherheit?

Dalheimer: Nehmen Sie zum Beispiel den Fall, dass Sie ein neues IT-System
brauchen, weil Sie auf einmal Ihren Strom über einen Makler an der Börse
verkaufen müssen. Plötzlich haben Sie neue Schnittstellen, nämlich zu Ihrem
Makler, für die Sie auch neue Sicherheitsvorkehrungen treffen müssen.
Historisch betrachtet war das deutsche Energienetz immer sehr stabil. Aber
inzwischen frage ich mich ernsthaft, wann so ein IT-Zwischenfall zum ersten
Mal dazu führen wird, dass irgendwo bei uns die Lichter ausgehen.

neue energie: Sie glauben, das ist unvermeidlich?

Dalheimer: Ja, ich gehe davon aus, dass ein Blackout kommt. Je stärker die
Vernetzung, je mehr IT in Spiel kommt, desto wahrscheinlicher wird er. Das
legt schon die Analogie zum Internet nahe: Vor zehn Jahren hatten wir dort
ein Maximum an Sicherheitslücken, einfach weil immer mehr Dienste wie
Web-Server oder E-Mail-Anbieter dazukamen. Jeden Monat taten sich daraufhin
neue, massive Sicherheitsschwierigkeiten auf - und im Vergleich zum
Energiesystem ist so eine E-Mail-Architektur noch relativ überschaubar.

neue energie: Angenommen, man würde alle notwendigen Sicherheitsvorkehrungen
beachten und die Schutzsysteme ständig gemäß dem neuesten Stand der Technik
aktualisieren - wäre das Smart Grid dann überhaupt noch bezahlbar?

Dalheimer: Ganz klar würde es teuer. Sicherheit kostet immer Geld. Und das
sind Kosten, die niemand gerne bezahlt. Aber das Energienetz ist ein
zentrales Versorgungssystem in Deutschland. Da braucht man
gesellschaftlichen Konsens, dass wir diese Kosten investieren wollen. Oder
aber wir beschließen, dass wir solch eine Komplexität nicht wollen, sondern
wieder reduzieren.

neue energie: Ist das Problem den Akteuren der Energiebranche in dieser
Härte bewusst?

Lesen Sie dieses Interview in voller Länge in der April-Ausgabe unseres
Printmagazins neue energie. Ab 10. April im gutsortierten Buchhandel oder
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