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Posted on: Monday, March 23, 2015 12:00 AM

Author: Gerrit von Jorck (gerrit.jo...@ioew.de)

Subject: Ökologische Wachstumskritik als Modernekritik

 

Mit seinem aktuellen Buch "Mehr oder weniger? Zur Soziologie ökologischer
Wachstumskritik und nachhaltiger Entwicklung [1]" (Transcript Verlag, 2014)
verfolgt der Soziologe Stephan Lorenz [2] zwei Anliegen. Zum einen will er
das Kernanliegen ökologischer Wachstumskritik herausarbeiten und betrachtet
sie dabei mit ihrem kritischen Fokus auf Industrialismus und Konsum als Teil
der Modernekritik. Zum anderen will er ökologische Wachstumskritik als
soziologisches Thema stark machen. Der Soziologie stünde die Aufgabe zu, die
Verfahrensweisen nachhaltiger Entwicklung kritisch zu rekonstruieren. Die
ökologische Wachstumskritik richte das Augenmerk auf das Auseinanderfallen
von Mitteln und Zwecken gesellschaftlichen Handelns. Dieses gelte es durch
entsprechende demokratische Verfahren zu rejustieren. 

 

Zunächst stellt Lorenz die Ursprünge ökologischer Wachstumskritik anhand
Henry David Thoreaus heraus (Kapitel 2). Im Folgenden verortet er die
ökologische Wachstumskritik innerhalb der Industrialismus- und Konsumtheorie
(Kapitel 3 und 4). Der erste Teil endet mit einer prägnanten Darstellung
verschiedener Steigerungstheoreme (Kapitel 5). Im zweiten Teil stellt Lorenz
Anforderungen an eine Soziologie als Verfahrenswissenschaft heraus (Kapitel
6) und zeigt dabei die besondere Bedeutung von Mittel-Zweck-Relationen auf
(Kapitel 7). 

 

Lorenz weist darauf hin, dass die ökologische Wachstumskritik seit den
Zeiten Henry David Thoreaus [3] Mitte des 19. Jahrhunderts neben der
ökologischen Dimension immer auch eine soziale Dimension innehatte. Die
ökologische Kritik beschränkt sich nicht auf die Kritik an der Zerstörung
der Lebensgrundlagen und der Natur, sondern hinterfragt die Sinn- und
Zweckhaftigkeit moderner Errungenschaften. In diesem Sinne folgt die
Ökologische Modernisierung der Logik der modernen Industriegesellschaften.
Sie vertraut auf technische Errungenschaften, Werkzeuge und Mittel, deren
Auswirkungen nicht mehr zu kontrollieren sind. 

 

Nachhaltige Entwicklung - bloß eine Frage des Verfahrens? 

 

Lorenz plädiert im zweiten Teil seines Buches dafür, sich insbesondere als
Soziologie verstärkt dem Verfahren nachhaltiger Entwicklung zu widmen und
der Art und Weise, wie Ziele einer solchen gesellschaftlichen
Systemtransformation bestimmt werden, Aufmerksamkeit zu schenken. Sie solle
die Mittel-Zweck-Relationen rekonstruieren und ihr Zustandekommen
analysieren sowie Vorschläge zur Demokratisierung von gesellschaftlichen
Zielfindungen entwickeln. Dieses Forschungsprogramm kann sicherlich einen
wichtigen Beitrag für eine nachhaltige Entwicklung leisten, jedoch
beschränkt Lorenz die Soziologie damit auf eine reine
Verfahrenswissenschaft. 

 

Dies ist sicherlich ein Weg, wie sich die Soziologie stärker in die
Wachstumsdebatte einbringen könnte. Die Soziologie sollte sich jedoch nicht
darauf beschränken, sondern sich in die Debatte um Zwecke einbringen und auf
die Suche nach einer neuen gesellschaftlichen Erzählung begeben. 

 

Die Stärke dieses Buches ist in der soziologischen Einbettung der
ökologischen Wachstumskritik zu sehen. Lorenz zeigt deutlich deren Bezug zur
Modernekritik auf und stellt die gesellschaftlichen Dimensionen heraus. Als
Konsumsoziologe arbeitet er sich dabei jedoch stark am Mäßigungsdiskurs ab.
Offen bleibt eine tiefer gehende Auseinandersetzung mit kapitalismus- und
arbeitskritischen Wachstumskritiken, wie beispielsweise dem
Degrowth-Diskurs. Derlei Perspektiven sehen eine gesellschaftliche
Systemtransformation als Mittel zum Zweck einer ökologisch und sozial
nachhaltigen Entwicklung an. 

 

Das Buch richtet sich vor allem an diejenigen, die sich für die
gesellschaftliche Dimension ökologischer Wachstumskritik interessieren. Es
ist dabei sowohl für Expert(inn)en interessant als auch als Einstiegslektüre
geeignet. 

 

Stephan Lorenz: 

Mehr oder weniger? 

Zur Soziologie ökologischer Wachstumskritik und nachhaltiger Entwicklung

Transcript, Bielefeld 2014

144 Seiten, 19,99 Euro

ISBN 978-3-8376-2776-3 

 

Erstveröffentlichung der Rezension in Ökologisches Wirtschaften [4] (4),
2014. 

 

Links:

 

[1] http://www.transcript-verlag.de/978-3-8376-2776-3/mehr-oder-weniger 

[2] http://www.soziologie.uni-jena.de/StephanLorenz.html

[3] http://www.henry-david-thoreau.de/henry_david_thoreau_zur_person.html

[4] http://www.oekologisches-wirtschaften.de/

 

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