Der Standard
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31. März 2016, 09:00

Schwere Vorwürfe gegen WWF in Kamerun 

Von Bianca Blei 

Zum ersten Mal wird eine Naturschutzorganisation vor der OECD geklagt. Der
WWF soll in Kamerun die Diskriminierung von Indigenen unwissentlich
unterstützt haben. Ob die Beschwerde durchgeht, ist noch nicht sicher 

Yaoundé/Wien - 228 Seiten stark ist die Beschwerdeschrift, die gegen den WWF
vorliegt. Der Hauptvorwurf: Die Naturschutzorganisation soll ungewollt die
Verletzung von Menschenrechten in Kamerun erleichtern. Truppen von
sogenannte Eco-Guards, die gegen Wilderer in den Nationalparks des Landes
vorgehen, wurden mit der Unterstützung des WWF gebildet, trainiert und mit
Ausrüstung unterstützt. 

Sie sollen die indigenen Baka, deren traditionelle Jagdgründe zum Teil in
den Schutzgebieten liegen, erniedrigt und mit Gewalt unterdrückt haben. Die
Beschwerde wurde von Survival International eingebracht und liegt nun bei
der Organisation für Entwicklung und Zusammenarbeit (OECD) in der Schweiz.
Der WWF habe gegen die Richtlinien des Schutzes der Menschenrechte und gegen
die UN-Menschenrechtskonvention verstoßen. Zum ersten Mal wird gegen eine
Naturschutzorganisation geklagt. 

Der Schrift vorangegangen ist ein fast jahrzehntelanger Streit. "Bereits im
Jahr 1991 äußerten wir unsere Bedenken gegenüber dem WWF", so der
Kampagnenleiter von Survival, Michael Hurran. Die Sorge: Die geplanten
Nationalparks würden die indigenen Baka ihres Landes und ihrer
Lebensgrundlage berauben. Und dass, obwohl bewiesen sei, dass ihre
traditionellen Jagdstrategien weder Fauna noch Flora schaden würden. 

"In den 1990er-Jahren gab es auch außerhalb der Schutzgebiete noch viele
Wildtiere. Die Baka fanden genug zum Jagen", erwidert Johannes Kirchgatter,
Afrika-Referent des WWF Deutschland. Erst in den Jahren danach seien durch
illegale Wilderei die Tiere aus den Wäldern verschwunden. Nur in den
Schutzgebieten gebe es heute noch Tiere. Sonderrechte nur für bestimmte
ethnische Gruppen wären in Kamerun mit seinen zahlreichen Ethnien aber
schwer durchsetzbar: "Indigene werden systematisch diskriminiert", so
Kirchgatter. Der WWF arbeite aber mit der Regierung daran,
Sondernutzungszonen einzurichten, in denen die Bevölkerung etwa Honig, Pilze
und Früchte sammeln könne. Davon profitieren würden vor allem die Baka. 

Parkwächter in Dorf eingefallen 

In der Beschwerdeschrift finden sich aber vor allem präzise Vorwürfe gegen
die Eco-Guards. So sollen die Parkwächter in Dörfer der Baka eingefallen
sein und Frauen und Kinder auf einem Platz dazu gezwungen haben, direkt in
die Sonne zu schauen. 

Die Guards sollen auf der Suche nach einem angeblichen Wilderer gewesen
sein. "Wenn ihr nach unten schaut, dann erschießen wir euch", sollen die
Wächter den ahnungslosen Dorfbewohnern entgegengerufen haben. Dann sollen
sie deren Medizin, Essen und Kochutensilien vernichtet haben. "So etwas
dulden wir keinesfalls", so Kirchgatter zu den Vorwürfen. Teilweise würden
die konkreten Vorfälle aber schon Jahre zurückliegen. 

Zeugen, Betroffene und Dorfnamen seien oft nicht eindeutig benannt worden.
"Das macht es schwer, die Vorwürfe aufzuklären", sagt der WWF-Referent.
Prinzipiell unterliegen die Wildhüter als Staatsangestellte der Kontrolle
des Ministeriums in Kamerun. Der WWF habe keinen Zugriff auf die Guards und
mache Druck auf die Regierung, die Einhaltung von Menschenrechtsstandards zu
kontrollieren. 

Untätigkeit vorgeworfen 

Survival wirft dem WWF allerdings vor, zu lange untätig gewesen zu sein:
"Wir haben immer wieder schriftlich auf die Missstände aufmerksam gemacht",
erzählt Hurran. Man sei aber schlussendlich nur noch mit dem Pressesprecher
verbunden worden. Die NGO sei nicht selbst aktiv geworden, sondern habe
Survival an die nationale Menschenrechtskommission und das Ministerium
verwiesen. "Wir machen aber sicher nicht die Arbeit des WWF", so Hurran. 

Es wird erwartet, dass die OECD Mitte Mai entscheiden wird, ob die
Beschwerde zulässig ist. "Wir haben nichts dagegen, wenn sich die OECD an
der Aufklärung beteiligt", so Kirchgatter: "Im Gegenteil." Für Hurran muss
aber bereits in der Zwischenzeit etwas passieren: "Die Verantwortlichen
müssen auf die Baka hören. Denn diese wissen am besten, wie man die Natur in
Kamerun schützt." (Bianca Blei, 31.3.2016)




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