NABU-PRESSEMITTEILUNG | NR 130/16 | 7. NOVEMBER 2016
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Umwelt/Agrar
NABU legt neues Modell für EU-Agrarförderung vor
Tschimpke: So können Landwirte und Umwelt gleichermaßen profitieren -
statt "Gießkannenförderung" neue Prämien für nachhaltiges Wirtschaften
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Berlin – Der NABU fordert aufgrund der anhaltend schlechten
Umweltbilanz der EU-Landwirtschaftspolitik drastische Änderungen bei der
künftigen Agrarförderung. Dazu stellte der Umweltverband am heutigen
Montag eine beim Institut für Agrarökologie und Biodiversität (IFAB)
Mannheim in Auftrag gegebene Studie vor. Diese berechnet erstmals anhand
eines konkreten Modells, wie die Agrarsubventionen in Zukunft so
verteilt werden können, dass Landwirte und Umwelt gleichermaßen
profitieren. Kern der Studie ist ein Modell, das die derzeitige
ineffiziente „Gießkannenförderung“ durch Prämien für nachhaltiges
Wirtschaften und Naturschutzleistungen ersetzt.
 
„Die Agrarpolitik der EU versagt, trotz wiederholter Reformversuche,
seit Jahren auf ganzer Linie“, sagte NABU-Präsident Olaf Tschimpke bei
der Vorstellung der Studie in Berlin. „Bislang werden die öffentlichen
Gelder überwiegend ineffizient und im Ergebnis umweltschädlich verteilt.
Dem Steuerzahler fällt diese Agrarpolitik sogar doppelt zur Last, denn
die Schäden an Boden, Wasser und Natur müssen kostspielig behoben
werden.“ 
 
Angesichts der enormen Steuermittel, die Jahr für Jahr in den
Agrarsektor fließen, und der negativen Folgen für Mensch und Natur, sei
eine grundlegende Neuausrichtung der EU-Agrarpolitik überfällig.
Insgesamt gehen derzeit 40 Prozent des EU-Haushalts in die
Landwirtschaft, das sind 112 Euro pro EU-Bürger und Jahr. Die
EU-Förderung besteht zum größten Teil aus pauschalen Flächenprämien
ohne konkrete Gegenleistung – in Deutschland sind das pro Hektar rund
300 Euro. „Nur durch mächtigen Lobby-Einfluss auf die Politik ist es zu
erklären, dass heute immer noch 60 Milliarden Euro pro Jahr mit sehr
geringem Nutzen für die Allgemeinheit verteilt werden. Diese
Agrarpolitik hält weder das Höfesterben auf, noch wird sie dem Klima-
und Naturschutz gerecht“, so Tschimpke. 
 
Das neue von den Agrarökologen und -ökonomen entwickelte Modell würde
Natur und Landwirten künftig gleichermaßen nutzen: Bei gleich bleibender
Fördersumme könnten drei Viertel der deutschen Agrarfläche besonders
naturverträglich bewirtschaftet werden. Gleichzeitig würden auch die
Einkommen der teilnehmenden Betriebe steigen.
 
Dazu sieht das Modell folgende Änderungen vor: Statt, wie bisher,
bedingungslos und pauschal Direktzahlungen an die
Landwirtschaftsbetriebe auszugeben, sollte dieses „Gießkannenprinzip“
durch eine neue Prämie ersetzt werden, die an konkrete
Nachhaltigkeitskriterien geknüpft ist. Zusammen mit gezielten Zahlungen
für bestimmte Umweltleistungen und -maßnahmen würde dies zu einem
ökonomisch attraktiven Anreiz für die Landwirte führen, der weit über
den Ausgleich von Einkommensverlusten hinausgeht.
 
Anhand konkreter Berechnungen zeigt die Studie, dass Betriebe, die in
Zukunft mindestens zehn Prozent ihres Ackerlands oder 20 Prozent ihres
Grünlands als ökologisch hochwertige Flächen bewirtschaften, finanziell
mindestens genauso gut oder besser gestellt sein werden als bisher. Das
Plus beträgt meist fünf bis zehn Prozent im Gesamtbetriebsergebnis, zum
Teil auch darüber, wobei Ertragseinbußen durch die geringere Produktion
bereits berücksichtigt sind. Dadurch entstehen wichtige Perspektiven
gerade für Betriebe auf weniger ertragreichen Standorten.
 
„Es ist wichtig, dass weiterhin EU-Gelder bei Bauern und Waldbesitzern
ankommen. Diese Gelder müssen aber denjenigen unter ihnen zu Gute
kommen, die wirklich Mehrwert für die Gesellschaft erbringen, und zwar
über die gesetzlichen Verpflichtungen hinaus“, so Dr. Rainer
Oppermann, Autor der Studie. „Unsere Berechnungen zeigen, dass dies
möglich und für viele Landwirte rentabel ist.“
 
Betriebe, die nur die Mindeststandards der Umweltgesetze einhalten
wollen, könnten dies künftig auch tun – erhalten dann aber kein Geld
mehr vom Steuerzahler. Durch diese Umstellung kann die Agrarförderung
gegenüber der bisherigen Praxis wesentlich umwelt- und naturfreundlicher
und gegenüber Landwirten wie Steuerzahlern weitaus fairer gestaltet
werden.
 
Ausführliche Studie und Kurzzusammenfassung:
www.NABU.de/agrarreform2021 ( http://www.nabu.de/agrarreform2021 )  
 
Infografik und Pressefotos: 
www.NABU.de/presse/fotos/#Landwirtschaft (
http://www.nabu.de/presse/fotos/#Landwirtschaft ) 
 
 
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Mobil +49 (0)172.4179730, E-Mail: konstantin.krei...@nabu.de
 
Angelika Lischka, NABU-Referentin für Landwirtschaft und Naturschutz,
Tel +49 (0)30.284984-1627, E-Mail: angelika.lisc...@nabu.de 
 
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