NABU: Gewinn für den Artenschutz – Bau weiterer Windräder im
Schreiadlergebiet vom Tisch
Windkraftanlagenbetreiber verzichtet auf Bau neuer Anlagen im Windfeld
Beseritz
 
13. Dezember 2016 – Der NABU begrüßt die Entscheidung des Betreibers,
auf die Errichtung und den Betrieb von vier zusätzlichen
Windkraftanlagen im Windeignungsgebiet Beseritz im Landkreis
Mecklenburgische Seenplatte zu verzichten. Der NABU hatte gegen die
bereits im April 2015 erteilte Genehmigung Klage erhoben, da sich gleich
drei besetzte Horste des seltenen und durch Windräder gefährdeten
Schreiadlers weniger als drei Kilometer von den geplanten Anlagen
befinden. 
Die fachlichen Empfehlungen der Länderarbeitsgemeinschaft der
staatlichen Vogelschutzwarten sehen für Windkraftanlagen einen
Mindestabstand von 6.000 Metern zu Horsten des Schreiadlers vor. Selbst
die vom NABU als unzureichend kritisierte behördeninterne
Beurteilungshilfe des Landesumweltministeriums Mecklenburg-Vorpommern
sieht einen Mindestabstand von 3.000 Meter und eine eingehende
Risikoprüfung bei Horsten bis 6.000 Meter Abstand vor. Dennoch wurde
für die geplanten Anlagen seitens des zuständigen Staatlichen Amtes für
Landwirtschaft und Umwelt Mecklenburgische Seenplatte (StALU) nicht
einmal eine Umweltverträglichkeitsprüfung für notwendig erachtet. 
Die aufgrund dieser Mängel sehr aussichtsreiche Klage des NABU hatte
den Bau der Anlagen zunächst verzögert und schließlich zum Verzicht des
Betreibers geführt. 
„Nach Ansicht des NABU verstieß die Genehmigung klar gegen geltendes
Artenschutzrecht  und hätte nie erteilt werden dürfen“, sagte
NABU-Landesvorsitzender Stefan Schwill. „Die vergeblichen Planungskosten
des Investors hätten von vorneherein vermieden werden können, wenn die
mangelnde Eignung des Standorts durch eine umfassende
Umweltverträglichkeitsprüfung sowie eine frühzeitige Einbeziehung von
Naturschutzexperten bereits viel früher identifiziert worden wäre“, so
Schwill weiter.
Auch die Tatsache, dass es sich in diesem Fall um einen Zubau zu sieben
bereits bestehenden Windrädern gehandelt habe, ändere nichts an der
artenschutzrechtlichen Beurteilung, da jedes zusätzliche Windrad die
Kollisionswahrscheinlichkeit der betroffenen Vögel erhöhe, und neue
Turbinen zu einer verlängerten Nutzungsdauer des gesamten Windparks
führten. Nach heutigen Maßstäben hätte auch die Genehmigung für die
vorhandenen Bestandsanlagen niemals erteilt werden dürfen. 
Der NABU freut sich über die Entscheidung des Investors, auf den Bau
der Anlagen in Beseritz zu verzichten. „Um den Windenergieplanern eine
höhere Planungssicherheit zu ermöglichen, und Rechtsstreitigkeiten zu
vermeiden, appellieren wir an alle Planungsbehörden und Investoren,
bereits bei der Ausweisung von Eignungsgebieten und der Standortwahl die
fachlichen Empfehlungen zum Mindestabstand von windenergiesensiblen
Vorkommen geschützter Arten zu berücksichtigen“, so
NABU-Vogelschutzexperte Lars Lachmann. In diesem Sinne hoffe man für die
Zukunft auf eine konstruktive Zusammenarbeit mit dem betroffenen
Betreiber und erwarte, dass dieses Beispiel ein wichtiges Signal an
andere Investoren sende.
Kritik äußert der NABU jedoch an der Rolle der zuständigen
Genehmigungsbehörden. Obwohl die Vorkommen der streng geschützten
Schreiadler in diesem Gebiet den Behörden bekannt waren, wurde eine
Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) sowie eine damit einhergehende
Beteiligung der Öffentlichkeit für nicht notwendig erachtet. "Es ist
nicht hinnehmbar, dass der Schutz des Schreiadlers aber auch anderer
seltener und streng geschützter Arten gerade von den zuständigen
Behörden derart ignoriert wird", so Stefan Schwill. Leider handele es
sich hierbei um keinen Einzelfall, denn auch in anderen
Windeignungsgebieten werden Anlagen genehmigt, die aus
artenschutzrechtlichen Gründen eigentlich nicht genehmigungsfähig sind,
wie im Fall Jördenstorf im Landkreis Rostock. Dort hatte der  NABU
bereits im Dezember 2015 einen Baustopp für den mitten in einem weiteren
Vorkommensschwerpunkt des Schreiadlers gelegenen Windparks erreicht. 
Eine Analyse des Dachverbands Deutscher Avifaunisten im Auftrag des
Bundesamts für Naturschutz hatte kürzlich ergeben, dass bereits heute 55
Prozent des potentiellen Schreiadler-Habitats im verbliebenen
nordostdeutschen Verbreitungsgebiet der Art näher als sechs Kilometer an
Windenergieanlagen liegen. „Ein weiterer Zubau des verbleibenden
deutschen Lebensraums des seltenen Schreiadlers bedeute eine unzulässige
Beeinträchtigung der Population dieser hochgefährdeten Art“, so
Lachmann. 
Für Rückfragen: Lars Lachmann, NABU-Vogelschutzexperte, Tel.:
030-284984-1620, Mobil: 0172-9108275, E-Mail: lars.lachm...@nabu.de
Martin Graffenberger, Vorstandsmitglied NABU MV, Tel.: 0172 39 35 526,
E-Mail: martin.graffenber...@nabu-mv.de

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