Stuttgarter Zeitung
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25. Juli 2019 

Verkehrsminister fordert radikale Wende

Hermann will Autos in den Städten ausbremsen

Minister Hermann will den Klimaschutz im Verkehr durchsetzen - mit provokanten 
Ideen. Es sei sinnvoll, eine von zwei Fahrspuren in Städten dem „alternativen, 
umweltfreundlichen Verkehr“ zu übertragen.

Von Christoph Link 

STUTTGART - Seit acht Jahren ist Winfried Hermann (Grüne) Verkehrsminister in 
Baden-Württemberg und in dieser Zeit habe er beobachtet, wie sämtliche 
Maßnahmen des Bundes und des Landes für mehr Klimafreundlichkeit im Verkehr 
„nichts gebracht“ hätten. Im Gegenteil, die Treibhausgase aus dem 
Verkehrssektor seien angestiegen, um 13 Prozentpunkte von 1990 bis 2017. „Wenn 
wir so weitermachen, werden wir unsere Klimaschutzziele verfehlen“, sagte 
Hermann am Mittwochabend beim Auftakt der von seinem Ministerium neu 
aufgelegten Vortragsreihe „Mobilitätsimpulse“ in Stuttgart.

„Wir müssen endlich wirksam handeln“, sagte Hermann, dies fordere die 
Fridays-for-Future-Bewegung - und er sehe das auch so. Anders als in der 
Landwirtschaft, wo sich die Treibhausgasemissionen nicht auf Null reduzieren 
ließen, könne dies im Verkehrssektor theoretisch gelingen. „Klimaneutral“ solle 
der Verkehrsbereich bis 2050 sein, so die Bundesregierung, aber um das 
ambitionierte Ziel zu erreichen bedürfe es erheblicher Anstrengungen - auch im 
Südwesten. Man werde im Rahmen des von der Landesregierung vorgestellten 
integrierten Klimaschutzkonzeptes die Maßnahmen „deutlich verschärfen und 
nachlegen müssen“, sagte Hermann. Sein Ressort habe die Ziele des Bundes - 
unter anderem Senkung des CO₂-Ausstoßes aus dem Verkehr um 40 Prozentpunkte bis 
2030 - rechnerisch übertragen auf das Land. Zu erreichen sei dies nur durch 
drastische Schritte: Jedes dritte Auto müsse bis dahin klimaneutral fahren, 
jede dritte Tonne Fracht klimaneutral transportiert werden, das Angebot des 
ÖPNV müsse verdoppelt werden und man müsse mit Bussen und Bahnen „besser in die 
Fläche kommen“. „Wir brauchen erhebliche Investitionen in die 
Schieneninfrastruktur, mehr elektrifizierte Bahnstrecken und eine Reaktivierung 
alter Trassen.“

Das „autolastige“ Verkehrssystem müsse ausbalanciert werden, sagt der Minister

Alles in allem glaubt Hermann, dass das „autolastige“ Verkehrssystem besser 
ausbalanciert werden müsse. Um die Bundesziele im Südwesten zu erreichen müsse 
der Verkehr in die Städte überdies um ein Drittel vermindert werden, man 
benötige 500 Kilometer neue Trassen für Schnellbusse sowie 1000 sogenannte 
Mobilitäts-Hubs an den Bahnhöfen, wo sich Reisende ein Leihrad oder ein Auto 
über Car-Sharing-Angebote holen könne. Man benötige zusätzlich 200.000 
Abstellmöglichkeiten für Räder oder E-Bikes, 500 verkehrsberuhigte Ortskerne 
sowie 40.000 klimaneutrale Lastwagen. Das A und O sei aber die Elektrifizierung 
der Autos. „Alles was wir bewegen, muss auf erneuerbaren Energien beruhen.“ Der 
Bund habe die Zielmarke von zehn Millionen Elektroautos bis 2030 gesetzt. Auf 
Baden-Württemberg bezogen heiße dies, man brauche zwei Millionen E-Autos. Das 
gehe aber nur, wenn man auch mit den Ladestationen in die Fläche gehe. „Wir 
werden bundesweit eine Million Ladestationen benötigen, sowohl private als auch 
öffentliche. Derzeit haben wir nur 3000 bis 4000.“

Gefragt nach dem Autoverkehr in den Städten sagte Hermann in der anschließenden 
Podiumsdiskussion, dass Städte wie Stuttgart sich noch schwer damit täten, 
Parkplätze umzuwidmen - anders als Freiburg, Karlsruhe oder Mannheim. „In 
Stuttgart wird der Erhalt eines Parkplatz noch als Kampf ums Überleben 
angesehen“, meinte der Minister. In Zukunft, so Hermann, sei es sinnvoll, dass 
man bei „zweispurigen Straßen in den Städten eine Fahrbahn dem Autoverkehr 
wegnimmt und für alternativen und umweltfreundlichen Verkehr bereitstellt“.

Autonomes Fahren ist kein Klimaretter

Vom autonomen Fahren verspricht sich Hermann keine Rettung des Klimas, wenn es 
nur dem Individualverkehr zugute komme. Sinnvoll sei autonomes Fahren in 
Kleinbussen als Ergänzung des ÖPNV, insbesondere auch im ländlichen Raum. 
Gesamtpolitisch sieht Winfried Hermann den Bund in der Pflicht: „Wir brauchen 
ein anderes Bepreisungssystem für fossile Brennstoffe. Wenn Benzin billiger 
wird, dann bringen unsere schönsten verkehrspolitischen Projekte nichts.“ Der 
Bund müsse die fiskal-ökologischen Rahmenbedingungen dafür schaffen, dass 
klimafreundliches Handeln sich lohne. „Klimaschutz kostet etwas, auch den Mut 
der Politiker.“

Hermanns Mitdiskutanten unterstützen im Prinzip dessen Kurs. Wiebke Zimmer vom 
Öko-Institut analysierte das Klimaschutzpaket von Bundesumweltminister Andreas 
Scheuer (CSU) und zweifelte daran, ob sich - wie Scheuer es will - die 
„wahnsinnig ambitionierten“ Klimaziele für den Verkehrssektor allein durch 
Förderung - etwa von Elektroautos oder Forschung an neuen Kraftstoffen - 
erzielen lasse. Es sei auch eine recht kostspieliger Weg. Wolle man zehn 
Millionen E-Autos bis 2030 und schon drei Millionen E-Autos bis 2025, dann 
koste das bei einer Förderung mit 4000 Euro „zwölf Milliarden Euro in fünf 
Jahren“. Das werfe die relevante Frage auf, ob das „sozial ausgewogen“ sei oder 
nicht doch nur „Besserverdienende“ davon profitierten.

Die Vertreterin des Jugendbeirats will Autos verbannen

Der Präsident des Städtetages, der Mannheimer Oberbürgermeister Peter Kurz, 
mahnte an, den Kommunen mehr verkehrspolitische Handlungsmöglichkeiten zu 
geben, etwa die Möglichkeit, ein „Road-Pricing“ oder eine City-Maut 
einzuführen. Kurz machte keinen Hehl daraus, dass die Vision einer von autonom 
fahrenden Elektro-SUVs, fliegenden Ein-Mann-Drohnen und Amazon-Lieferlastwagen 
vollgestopften Stadt für ihn nicht erstrebenswert sei. „Minister Scheuer sagt, 
die Verkehrswende sei rückwärtsgewandt. Aber eine Rückbesinnung auf die 
Qualitäten einer deutschen Stadt, in der sich ein Acht-Jähriger und eine 
Achtzig-Jährige wohl fühlen und sicher bewegen muss nichts Schlechtes sein.“

Cornelia Glitz vom Jugendbeirat der Nachhaltigkeitsstrategie in 
Baden-Württemberg schilderte ihre Vision der innerstädtischen Straße der 
Zukunft so: „Dort ist viel Platz für Radfahrer, es gibt breite Gehwege für 
Fußgänger. Von der Straße bleibt nur eine Spur frei für die Straßenbahn. 
Autofahren ist nicht mehr als Individualverkehr möglich, Parkplätze am 
Straßenrand entfallen. Als Autos sind hier nur noch Taxis, Sammeltaxis oder 
Busse unterwegs.“ Die nächste Veranstaltung von Mobilitätsimpulse wird am 26. 
November erneut in Stuttgart stattfinden.


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