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-- MEDIENINFORMATION

-- World-Information Institute
-- Institut für Neue Kulturtechnologien/t0


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-- Wikileaks: Kommt die Demokratisierung der Information?

-- Rückschau auf eine angeregte Diskussion zu Transparenz und
-- Manipulation von Information und Medien

-- http://world-information.org/wii


Kommt die Demokratisierung der Information? Was können Whistleblower-Plattformen wie WikiLeaks dazu beitragen? Diesen Fragen stellte sich am 28. Februar 2011 das STANDARD Montagsgespräch in Zusammenarbeit mit dem World-Information Institute in Wien.

WikiLeaks könne als Präzedenzfall für eine Entwicklung gesehen werden, die in Zukunft eher die Regel als die Ausnahme im Kampf um Informationsfreiheit darstellen wird: Plattformen, die Rohdaten für alle zugänglich machen. Die einhellige Meinung der Expertinnen und Experten: Traditionellen Medien werde immer stärker misstraut; durch die allerorts konstatierbare hohe Medienkonzentration steige der Wunsch nach unabhängigem, investigativem Journalismus. Durch die Möglichkeit der Einsichtnahme in die Originaldaten werden nicht zuletzt auch die Interpretationen und Manipulationen der Medien transparenter und besser vergleichbar.

Daniel Domscheit-Berg (Ex-WikiLeaks Sprecher; OpenLeaks) versteht dies als einen der Vorteile von OpenLeaks gegenüber anderen Whistleblower-Seiten: statt selbst redaktionell aktiv zu werden, soll OpenLeaks nur eine technische Funktion übernehmen. Informantinnen und Informanten sollen in Zukunft selbst entscheiden können, an welche Institutionen sie mittels zuverlässig anonymisierter Briefkastentechnik ihre Dokumente im Netzwerk versenden wollen.

Genau hier verortet jedoch Peter Pilz, Nationalratsabgeordneter der Grünen, besonderes Problempotenzial: gerade in Fällen des Amtsmissbrauchs könnten sensible Dokumente auf diese Weise leicht in die falschen Hände geraten, da Staats- und Medieneliten oft in nicht einsehbarer Weise verbunden und verbrüdert sind. Außerdem vermisst Pilz eine spezielle Regelung für den öffentlichen Bereich, um die Mitarbeit von Beamten an der Aufdeckung eines Amtsmissbrauchs zu entkriminalisieren. Statt wie bisher anzunehmen, dass grundsätzlich alle Behördendaten dem Amtsgeheimnis unterliegen, sollten außerdem alle Daten öffentlich zugänglich gemacht und nur konkret definierte sicherheits- oder steuerpolitischen Themen davon ausgespart werden.

Eine öffentliche Diskussion zu Open-Data-Themen und einen konkreten Schritt zu einem "Freedom of Information Act" wünscht sich auch Konrad Becker, Direktor des World-Information Institute. Er kritisiert, dass Daten in Österreich derzeit noch immer auf Gutdünken der Behörden verwaltet werden, und fordert stattdessen zeitgemäße Standards für direkte Schnittstellen zu Regierungsdaten im Sinne von "Government APIs", damit die Möglichkeit der Interpretation auf viele verschiedene Interessensgruppen verteilt wird. Becker macht darüber hinaus darauf aufmerksam, dass Bürger und Bürgerinnen zunehmend transparenter würden für in gleichem Maße zunehmend intransparente Gruppen. Die Debatte rund um Freiheitsstandards im Netz müsse also zwangsläufig auch eine Frage der Kontrolle von Datenströmen sein, die gerade in der Sicherheitsindustrie von großem finanziellen Interesse sind.

Bei der Diskussion zu Open Data stünden jedoch nicht nur die Zugänglichkeit zu Rohdaten und deren redaktionelle Aufbereitung zur Debatte, sondern auch die kritische Auseinandersetzung mit den konkreten technischen Infrastrukturen, meinte Constanze Kurz, Sprecherin des Chaos Computer Club Berlin. Selbst wenn WikiLeaks und Co. nicht ganz so leicht zu zensieren seien wie traditionelle Printmedien, wäre es doch wichtig, in Zukunft stark verteilte Netzwerke zu bilden. Darüber hinaus sollte man nicht nur dem investigativen Journalismus, sondern auch dem "investigative Computing" Impulse geben. Auf Gesetzgebungsebene können auch Initiativen wie IMMI (Icelandic Modern Media Initiative) neue Anstöße geben. Doch selbst wenn Deutschland im Ländervergleich mit Österreich etwas besser abschneidet und dort ein Informationsfreiheitsgesetz bereits existiert, gibt Kurz sich wenig Illusionen hin: der Kampf um mehr Zugang zu Informationen ist letztlich da wie dort ein Kampf um die Macht – und die geben die Mächtigen nicht ohne weiteres ab.


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-- Video-Dokumentation

http://world-information.org/wii/wikileaks


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-- STANDARD Montagsgespräch

Im STANDARD Montagsgespräch werden auf regelmäßiger Basis aktuelle
innenpolitische Themen von einer Expertenrunde unter der Moderation von
Gerfried Sperl oder Alexandra Föderl-Schmid und unter Einbindung des
Publikums diskutiert. Einmal im Monat, immer montags, 19.30 Uhr im Haus der Musik.

Termine finden Sie unter: www.derstandard.at/events

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-- Rückfragehinweis:

World-Information Institute
Institut für Neue Kulturtechnologien/t0
ZVR 121916514
Argentinierstr. 69, A-1040 Wien

Tel: +43 (1) 522 18 34

off...@t0.or.at
http://t0.or.at/


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-- Erklärung gemäß § 107 TKG

Angesichts einer zunehmend erdrückenden Medienkonzentration leistet der
nicht-kommerzielle Versand von kulturpolitischen Informationen einen
wichtigen Beitrag zur Herstellung diskursiver Öffentlichkeiten. Die
neuen Bestimmungen des Telekommunikationsgesetzes (TKG § 107) bedeuten
eine diesbezügliche Einschränkung, denn seit 1. März 2006 dürfen
e-Mail-Zusendungen ausschließlich mit dem Einverständnis der
EmpfängerInnen zugesendet werden.

Sollten Sie keine weiteren Informationen des Instituts für Neue
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Verständigung.

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rohrpost - deutschsprachige Liste zur Kultur digitaler Medien und Netze
Archiv: http://www.nettime.org/rohrpost 
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