Johannes Auer: Ups I did it! Teile und melke: Ars Electronica 2.0 Wer hat nicht schon alles auf den fetten Wiesen des Web 2.0 gegrast und verdaut. Wiedergekaeut, gegrast, wiedergekaeut... Und endlich wurde geARSt.
Kuehe, Bauern und viel grasdollargruenes MoosMoosMoos: Das Symposium der diesjaehrigen ARS Electronica kuratiert von Joichi, dem guten Hirten, Ito stand ganz im Zeichen der baeuerlichen Erzeugergemeinschaft Web 2.0. Getaggt wie folgt: Peer=gutgutgut (Economy!), Share=gutgutgut (Economy!), Open=gutgutgut (Economy!), Partizipation=gutgutgut (Economy!)... Und waehrend die Kuehe zufrieden Content geben, ruelpst der Bauer und streichelt seinen schnell fettwerdenden Bauch. Doch verlassen wir kurz diese arkadische Landschaft 2.0. Frage: waere es nicht angebrachter auf einer ARS zu Entmischen, zu Unterscheiden, zu Problematisieren? Zugespitzt formuliert: Bei Sharing denkt ein Joichi Ito leuchtenden Auges an ein Geschaeftsmodell, ein Open-Culture-Aktivist blauaeugig an ein Gesellschaftsmodell. Und machen wir es uns nichts so leicht wie die ARS: beides ist auf die Dauer wahrscheinlich nicht kompatibel. Auch wenn sich beide am Urheberrecht reiben, der Juckreiz ist nicht der gleiche. An dieser Stelle sei ein Gespraech mit einem Referenten in einer Pause erwaehnt, der auf diese Bedenken antwortete: schon schon, aber es gaebe doch eine zwangslaeufige Ueberschneidung zwischen Geschaeft und Allmende. Diese notwendigen Web-Plattformen wuerden doch immenses Geld kosten! Jo! Aber... peerpeerpeer... muss das so sein? Ein Flickr, ein YouToube, ein Web2.0sonstwaswennesdennseinmuss auf intelligenter P2P Basis, undenkbar? Napster, sagte einer, war einmal eines der groessten Archive, das die Menschheit je zustande gebracht hat und - um unseren Tierpark zu erweiten - die ganzen Mulis und Bit-Torros sind auch Google frei umfaenglich belastbar. Aber natuerlich ist so keine Blogosphaere schaffbar, grueble ich gehorsam, waehrend ich verschaemt an eine Mailingliste und ins Usenet poste. Und gar die Wikiwikipedia? Summend hoffe ich hier, ganz ARS inspiriert, auf die schwaermerische Intelligenz der Herde und ein wenig fein Gehacktes und frage mich abschweifend, warum in Deutschland die Oeffentlichrechtlichen sich kuerzlich bei ihren Internetversuchen ganz wikiwiki zur Sau haben machen lassen muessen? Doch waehrend wir uns brav um Commons und Allmende sorgen und an urheberrechtlichen Knebeln leiden, sind wir Kuehe schon dankbar in CC-Lassowurf Reichweite der Content-Cowboys. Slavoy Zizek schreibt in seinem Essay 'Der liberale Kommunist': "Liberale Kommunisten sind Topmanager, die den Geist des Wettbewerbs beleben oder, aus umgekehrter Sicht, gegenkulturelle Computergeeks, die die grossen Konzerne uebernommen haben. (...) Der Signifikant des liberal-kommunistischen Neusprech heisst 'smart'. Smartsein bedeutet dynamisch, nomadisch und gegen zentralisierte Buerokratien zu sein; an Dialog und Zusammenarbeit zu glauben anstelle von zentralisierter Autoritaet; an Flexibilitaet anstelle von Routine; (...) fuer spontane Interaktion und Autopoiesis und gegen starre Hierarchien." [http://cicero.de/97.php?ress_id=9&item=1215] Fuer "liberale Kommunisten", als Selfmade-Weltretter, gibt es daher auch keine Ausbeutung oder groessere gesellschaftliche Zusammenhaenge, sondern nur konkrete Probleme, die man loesen kann. ueberspitzt formuliert: am besten mit einem Softwaretool und passendem Geschaeftsmodell, gerne im Web 2.0. Und die Content-Milch dazu liefert die Cowmunity frei Haus. An dieser Stelle sei durchaus zugegeben, dass diese viehischen Analogien hinken wie der Teufel im Weihwasser. Und naivaktivistisch liesse sich auch fragen, was falsch daran ist, wenn ein W2NullEntrepreneur den Stall fuer seine Kuehe liebevoll bereitstellt? "Nix natuerlich"!, antwortet Joseph und Maria ganz weihnachtlich gestimmt. Nur....! Mal abgesehen davon, dass Ochs und Esel 2.0 ihr Futter selbst und sonstwo besorgen muessen (und zu diesem Irrsinn der 'new cultural economy' haette man gerne beim Symposium etwas gehoert, aber null nix nada, nicht das kleinste Baeuerchen) NUR...! NUR...!: Es entscheidet der Bauer ganz allein, ob und wann der Stall abgerissen, wann die Kuh geschlachtet wird. Muh? Uuuuuuuh!!! // Schoene Gruesse aus Linz // Johannes -- http://www.formatlabor.net/html/aesthetik-des-wissens.htm Book: http://www.formatlabor.net/html/Medientheorie-fuer-Kuenstler.htm Theory: http://www.formatlabor.net/blog/ Art: http://www.formatlabor.net/lara http://www.bank-ueberfall.de Film/Multimedia: http://www.fade-to-black.net Links: http://del.icio.us/formatlabor.net Me: http://www.tnvh.de Home: http://formatlabor.net Vita: http://www.formatlabor.net/tnvh -- Book: http://www.formatlabor.net/html/Medientheorie-fuer-Kuenstler.htm http://www.formatlabor.net/html/aesthetik-des-wissens.htm About Book: http://www.formatlabor.net/medientheater Theory: http://www.formatlabor.net/blog/ Art: http://www.formatlabor.net/lara Film/Multimedia: http://www.fade-to-black.net/ Links: http://del.icio.us/formatlabor.net Me: http://www.tnvh.de Home: http://formatlabor.net Vita: http://www.formatlabor.net/tnvh -- rohrpost - deutschsprachige Liste zur Kultur digitaler Medien und Netze Archiv: http://www.nettime.org/rohrpost http://post.openoffice.de/pipermail/rohrpost/ Ent/Subskribieren: http://post.openoffice.de/cgi-bin/mailman/listinfo/rohrpost/