WASSERWISSEN
Podiumsdiskussion über die Kultur des Wassers

General Public, Schönhauser Allee 167c
14.02.2009 – 15 Uhr

Gäste:
Isabel Kranz, Kulturwissenschaftlerin
Jean-Luc Nancy, Philosoph
Joseph Vogl, Literaturwissenschaftler

Moderation:
Krystian Woznicki, Herausgeber

Heute umspielen Ströme von Bild-, Wort-, Klang- und Zahleninformationen den gesamten Planeten. Das Fluidum der Weltgesellschaft ist zugleich dereguliert und berechenbar, transparent und undurchschaubar. So oder so: Alles soll ständig im Fluss sein. Allen voran: das Kapital. Selbst in der Wirtschaftskrise erweisen sich „Liquidität“ und „cashflow“ als Schlüsselbegriffe: „Geld bewegt die Welt“ (Die Welt). Jedoch auch Vernunft und Bewusstsein gilt es heute im Modus des reibungslosen Fließens zu erfahren – angeschlossen an die Kreisläufe der permanenten Kommunikation.

Steht unsere Kultur im Zeichen des Wassers? Oder sitzen wir einer bloßen Metaphorik des Wassers auf? Wenn es so etwas wie eine Kultur im Zeichen des Wassers gibt, was unterscheidet eine solche Kultur von einer mehr oder minder beliebigen Metaphorik des Wassers? Was für eine kulturelle Funktion hat ruhendes, stehendes Wasser unter den Bedingungen allgegenwärtigen Fließens? Was bedeutet es für Denken und Konzeption des Subjekts? Diesen Fragen geht die Auftaktveranstaltung des Berliner Gazette Jahresschwerpunkts „Wasserwissen“ nach.

Der Philosoph Jean-Luc Nancy liest aus seinem aktuellen Buch „Die Annäherung“. Ausgangspunkt für seine Reflektion über Zeiterfahrung und Subjektivität ist hier „Wasser ohne Strömung und ohne Wellenbewegung, Wasser, kaum flüssig, Wasser, das weder Transport noch Passage bewirkt ‚wie’ der Fluss oder das Meer, sondern Zurückhaltung, Verborgenheit, Tiefe und Unberührtsein.“ Im Anschluss an die Lesung Diskussion mit dem Literaturwissenschaftler Joseph Vogl, der eine Theorie des Zauderns entwickelt hat. Zur Einstimmung auf das Thema des Abends ein Diavortrag von Isabel Kranz über die stehenden Gewässer in Aquarien des 19. Jahrhunderts.

2009 stellt das digitale Mini-Feuilleton Berliner Gazette Fragen zu der kulturellen Funktion von Wasser. Teilnehmer aus den unterschiedlichsten geografischen und disziplinären Regionen werden im Zuge dessen an die Grenzen ihrer Zuständigkeitsbereiche geführt – an diesen Grenzen entsteht ein neues Wissen. Wissen, welches vom Wasser gespeichert wird: über unsere Kultur, Gesellschaft und Zivilisation. Und Wissen, das wasserförmig ist, insofern es über die gesicherten Landnahmen herkömmlicher Expertenkulturen hinaus weist und im Fluss bleibt.

Die bisher erschienen Beiträge finden sich hier:

http://www.berlinergazette.de/index.php?pagePos=10&keyword=WASSERWISSEN


Referenten:

Isabel Kranz (Jahrgang 1977) hat an den Universitäten Augsburg, Lille III, der Freien Universität Berlin sowie der Yale University Allgemeine und Vergleichende Literaturwissenschaft und Nordamerikastudien studiert. Sie promoviert zurzeit an der Universität Erfurt mit einer Arbeit zu Walter Benjamins Passagenprojekt. Seit Januar 2009 ist sie wissenschaftliche Koordinatorin der interdisziplinären Arbeitsgruppe „Funktionen des Bewusstseins“ an der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften. Publikationen im Bereich der Literatur- und Kulturwissenschaft. Gemeinsam mit der Arbeitsgruppe Butis Butis hat sie den Band „Stehende Gewässer: Medien der Stagnation“ (2007) herausgegeben.

Jean-Luc Nancy (Jahrgang 1940) war bis 2004 Professor für Philosophie an der Université de Strasbourg und kann heute als einer der bedeutendsten und aktivsten Denker unserer Zeit gelten. Die Frage der spezifischen Gemeinschaftlichkeit menschlicher Existenz, aktuelle politische Entwicklungen sowie die Zusammenarbeit mit anderen Denkern bestimmen sein Schaffen. 1980 gründete er zusammen mit dem Philosophen Philippe Lacoue-Labarthe das Centre de Recherches Philosophiques sur la politique in Paris und schrieb mit ihm einige einflussreiche Bücher. Zu Nancys meistdiskutierten Schriften zählen „Die undarstellbare Gemeinschaft“ (1986) und „Corpus“(1992). In deutscher Übersetzung erschien zuletzt „Dekonstruktion des Christentums“, „Nach der Tragödie“ sowie „Die Annäherung“ (alle 2008).

Joseph Vogl (Jahrgang 1957) ist Professor für Literatur- und Kulturwissenschaft / Medien an der Humboldt-Universität zu Berlin. Er ist Verfasser zahlreicher Bücher und Übersetzer von einigen Schlüsselwerken der neueren Philosophie aus Frankreich, darunter Gilles Deleuze: „Differenz und Wiederholung“, J.-F. Lyotard: „Der Widerstreit“. Mit „Gemeinschaften. Positionen zu einer Philosophie des Politischen“ (1994) gab er einen für die Diskussion in Deutschland wegweisenden Sammelband zur Neukonzipierung von Gemeinschaft heraus. Sein bisheriges Hauptwerk ist „Kalkül und Leidenschaft. Poetik des ökonomischen Menschen“ (2002). Zuletzt erschien von ihm „Über das Zaudern“ (2007).

Moderator:

Krystian Woznicki (Jahrgang 1972) wurde in Glatz, Schlesien, geboren und lebt heute in Berlin. Der Kulturkritiker arbeitete in den 1990ern als Kolumnist der Japan Times und als Korrespondent der Spex in Tokio. 1999 gründete er die Berliner Gazette (berlinergazette.de). In den Nuller Jahren hat er im Bereich der Global Studies einige Sammelbände (mit-)herausgegeben. 2008 ist im Kadmos Verlag seine Debüt-Publikation als Autor erschienen: „Abschalten. Paradiesproduktion, Massentourismus und Globalisierung“. Als Initiator und Kurator von Kulturprojekten (Filmprogramme, Ausstellungen, Symposien) arbeitete er bisher u.a. in Japan, Mexiko und Belgien.

Kuratorium:

Die Berliner Gazette (berlinergazette.de) wurde im Jahre 1999 als digitales Mini-Feuilleton ins Leben gerufen und wird von einem gemeinnützigen Verein getragen, deren Mitglieder die Macher des Mediums sind. „Interaktivität“, „Partizipation“, „Netzwerk“ und „Gemeinschaft“ („Community“) zählen zu den zentralen Leitgedanken dieses publizistischen Projekts. 2009 befragt die Berliner Gazette über 50 Intellektuelle aus der ganzen Welt zu der kulturellen Funktion von Wasser. Protokolle dieser Interviews erscheinen in der Berliner Gazette unter dem Stichwort WASSERWISSEN. Die Veranstaltungen, die diesen Schwerpunkt begleiten, bringen Interview-Partner aus unterschiedlichen Arbeitsgebieten und Ländern „an einen Tisch“.
URL: http://www.berlinergazette.de

Veranstaltungsort:

General Public ist ein unabhängiger Projektraum, der von einer Gruppe in Berlin lebender Kulturschaffender (Künstler, Kuratoren, etc.) betrieben wird. General Public wurde im Jahre 2005 gegründet und hat seitdem eine Vielzahl von Ausstellungen, Künstlerpräsentationen, Diskussionen, Filmvorführungen und Performances organisiert. Das eigenständige Programm wird um Kooperationen und Projekte externer Partner ergänzt. Das primäre Anliegen von General Public besteht darin eine kollaborative, prozessuale und informale Plattform her- und bereitzustellen, um in diesem Rahmen offenes Denken, kulturellen Austausch, Raumexperimente sowie transdisziplinäre Reflexionen über die zeitgenössische Kultur und Kunst zu fördern.
URL: http://www.generalpublic.de

Kooperationspartner:

Diaphanes Verlag, DiG Design, HU Berlin, IQ Consult, Kulturserver, Multitask, Salon Verlag, springerin

Pressekontakt:          

° Lena Posingies ° Berliner Gazette e.V. ° Schönhauser Allee 141a ° 10437 Berlin
° 030 – 397 444 96 ° l...@berlinergazette.de ° www.berlinergazette.de

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