Blickpunkt Lateinamerika
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31.05.2016

CHILE

Indigene plädieren für nachhaltige Nutzung des Meeres 

VON MARÍA CRISTINA ÑANCUCHEO

Bereits Mitte der 1990er Jahre hatte die indigene Organisation "Identidad 
Territorial Lafkenche" die Plünderung des Meeres und die Privatisierung von 
Fischgründen angeprangert. Indigenes Wissen kann die nachhaltige und 
verantwortliche Nutzung der Meeresressourcen sicherstellen. Hierbei wird immer 
auch an die künftigen Generationen gedacht. Die indigenen Gemeinden suchen den 
Dialog mit anderen Nutzern des Meeres ebenso wie mit dem Tourismus-Sektor, 
Universitäten und Umweltschützern.

Was in der Región de los Lagos und vor allem rund um die Insel Chiloé geschehen 
ist [1], lässt uns einmal mehr darüber nachdenken, wie schlecht es in Chile um 
das Verhältnis zur Natur, in diesem Fall zum Meer, bestellt ist. Das 
Wirtschaftsmodell des Landes hat zur Bereicherung unverantwortlicher 
Unternehmer geführt, während es den lokalen Gemeinden immer schlechter geht. 
Die Einheimischen werden auch weiterhin hier leben, selbst wenn ihnen die 
Investoren eine Wüste hinterlassen, ein totes Meer und/oder Land, das sich 
nicht mehr nutzen lässt. Dieses Modell, das einmal mehr in Frage steht, das den 
freien Wettbewerb fördert und sich gegen jede noch so geringe staatliche 
Regulierung sträubt, hat eine wirtschaftliche Konzentration zur Folge, während 
zugleich doch von Entwicklung geredet wird. 

Chile vernachlässigt historisch das Meer 

Die Situation im Süden Chiles, die durch eine ganze Reihe natürlicher, aber 
auch von Menschen zu verantwortender Faktoren ausgelöst wurde, lässt mich über 
folgende Frage nachdenken: Warum hat der Staat in Chile dem Meer immer den 
Rücken zugekehrt, wo wir doch Tausende Kilometer an Küste haben? Warum haben 
die Planer historisch gesehen immer auf die Nutzung der Landressourcen gesetzt? 
Das Meer ist doch eine wichtige Quelle an Nahrungsmitteln, es bietet Erholung 
und ist eine Einnahmequelle. 

In Chile regelt die Política Nacional de Uso del Borde Costero aus dem Jahr 
1994 den Umgang mit der Küste. Zum Beispiel werden Konzessionen jeder Art 
vergeben. Das Instrument hat sich aber nicht wie erhofft zu einem zum Vorteil 
der Küstenbewohner entwickelt. Dabei ist ein Bestandteil der chilenischen 
Küstenpolitik der sogenannte Espacio Costero Marino de Pueblos Originarios 
(ECMPO). Indigene Gemeinden und Verbände nutzen Küstengebiete, wie es ihrer 
Gewohnheit entspricht. ECMPO geht auf Forderungen von Lafkenche 
(Mapuche)-Gemeinden zurück, die nach der Verabschiedung des Fischfanggesetzes 
1991 erhoben wurden. 

Privatisierung des Meeres 

Mitte der 1990er Jahre jedoch wurde klar, dass das Meer immer mehr privatisiert 
wird und traditionelle, uralte indigene Aktivitäten nicht mehr ausgeübt werden 
konnten. Meeresfrüchte, Algen, Fische, alles was Indigene immer aus dem Meer 
geholt hatten, wurde jetzt in einem Register aufgeführt. Genehmigungen und 
Bestimmungen machten einen freien Fischfang unmöglich. Dabei erhebt das Gesetz 
auch noch den Anspruch, indigene Traditionen und Ressourcennutzung zu schützen. 
Das kolonialistische Erbe macht sich bemerkbar. Wir Indigenen müssen unsere 
Küstengebiete mit anderen Meeresnutzern teilen. 

Vorurteil, Indigene bremsten den Fortschritt 

Die Berufsfischer und natürlich die Fischfangindustrie behaupten, "die 
Indigenen" würden ihnen das Meer wegnehmen und ihnen den Zugang verbieten 
wollen. Laut Gesetz können die Indigenen einen ECMPO im gesamten Küstenstreifen 
beantragen, dies umfasst Strandbereiche und vom Land bis zu 12 Seemeilen 
entferntes Meeresgebiet. Die Fischer fragen angesichts der möglichen Ausdehnung 
eines ECMPO: Warum wollen die Indigenen so viel Küste, wenn sie doch gar nicht 
auf dem Meer arbeiten? Es sind die gleichen Vorurteile, die auftauchen, wenn es 
um die Rückgabe von Land an die Mapuche geht. Den Indigenen viel Land zu 
überlassen bedeute "den Fortschritt aufzuhalten". 

Nachhaltigkeit für Indigene keine Mode 

Was viele vergessen oder einfach nicht wissen: Für die Indigenen ist es von 
entscheidender Bedeutung, in Harmonie mit den Naturelementen zu leben. Dies 
schließt die Ausbeutung der Natur aus. Ein ECMPO bietet die ausgezeichnete 
Möglichkeit, dass alle Meeresnutzer sich an einen Tisch setzen und darüber 
diskutieren, wie sich all diese verschiedenen Nutzungen am besten miteinander 
vereinbaren lassen. Hierbei geht es nicht nur um wirtschaftliche Aspekte, 
sondern auch um medizinische und solche der Ernährung, ebenso wie um das Meer 
als einen Ort der Erholung. 

Aus indigener Sicht spielt immer auch Identität eine Rolle. So wie uns das Land 
weggenommen wurde, so nehmen sie uns das Meer weg. Die Beziehung zum Meer muss 
aber neu gedacht werden, im Sinne nachhaltiger Aktivitäten. 

Deutsche Bearbeitung: Bernd Stößel

[1] http://www.blickpunkt-lateinamerika.de/?3457&tx_ttnews[tt_news]=12377




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