..und weil da noch ein schönes photo  von EJ dabei ist, hänge ich das auch noch 
dran-
schöne grüße rundum!
tobias wimbauer
www.waldgaenger.de



Text: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 31.08.2004, Nr. 202 / Seite 37

Frank Schirrmacher
Mein Lieblingsbuch: „Annäherungen - Drogen und Rausch“

30. August 2004 Jeden Tag, an dem die tüchtige Kollegin mich nach meinem 
Lieblingsbuch fragt, werde ich zum Verräter. Jeden Tag habe ich ein anderes. 
Aber sie sagt: "Man darf nur eins."

Jeden neuen Tag verrate ich nicht nur das Lieblingsbuch, das ich gestern ans 
Herz drückte, sondern auch schon das heutige, weil heute bereits feststeht, daß 
ich es ja morgen schon wieder schmählich im Stich lassen werde. Ich könnte 
sogar sagen, daß sich mein Lieblingsbuch stündlich ändert. Liebe ich das eine, 
denke ich schon ans andere: den "Radetzkymarsch" nennen, aber Canettis 
"Blendung" nicht? Und wie steht es mit all den Büchern, die mir einst halfen, 
gegen den denn doch recht langweiligen "Pan Tau" oder den eher unglaubwürdigen 
"Spatz vom Wallraffplatz" die Nachmittage zu überstehen: von "Sigismund Rüstig" 
bis zu "Jim Knopf"?

Der Zwang zum Staatsstreich

Allen habe ich ewige Treue geschworen, alle waren Herrscher und demokratisch 
gewählte Regierungen meiner Innenwelt, und nun kommt die Kollegin und sagt: 
"Man darf nur eins", zwingt mich zum Staatsstreich. Es fehlen, sage ich, Hesse 
und Benn, Karl Mays "Sklavenkarawane", Stanislaw Lems "Sterntagebücher", 
Reich-Ranickis Erinnerungen und Donna Tartts "Geheime Geschichte", um nur mal 
meine Lieblingsbücher der 32. Kalenderwoche zu nennen. Das Lieblingsbuch eines 
Menschen - da kann es, zusammenfassend gesprochen, nur Annäherungen geben.

Und wie es der Zufall will, findet sich unter diesem Titel in der Buchhandlung 
eines meiner schönsten Lieblingsbücher: Ernst Jüngers "Annäherungen. Drogen und 
Rausch", das mit dem Satz beginnt: "Messer Ludovico, was treibt Ihr für 
Narrheiten?" Ein CDU-Politiker der sechziger Jahre wollte das Buch verbieten, 
weil es die Jugend zu Drogen verleite. Das stimmt nicht. Es handelt von all den 
Dingen, die uns die Sinne rauben. Von Kaffee ist darin die Rede, aber auch von 
Bier und Opium. Das alles aber ist, wie bei einem Rausch, nur Oberfläche.

In Wahrheit ist dieses Buch eines der erregendsten Bücher über die zwanziger 
Jahre, eine in kleine Erzählungen verkleidete Autobiographie Ernst Jüngers, der 
damals, wie er sagte, im Dotter des Leviathan lebte. Das Buch gehört zu den 
ungehobensten Schätzen unserer Literatur und vielleicht auch zu den 
ungelesensten Büchern. Es ist, soviel kann ich heute sagen, mein absoluter 
Liebling.

Mit diesem Beitrag endet die Feuilleton-Serie "Mein Lieblingsbuch".


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