Liebe Jünger-Freunde,

in der dritten Ausgabe Kultur & Gespenster im textem Verlag ist ein Aufsatz 
über Jüngers coolness (alias désinvolture) erschienen, Thomas Palzer hat sie im 
Bayern 2 Kiosk rezensiert.- 

Der Autor, Thomas Palzer, dürfte vielen als einer der interessantesten 
Gegenwartsautoren abseits des "Mainstreams" bekannt sein. Zu seinem Buch PONY 
schrieb Helmut Krausser vollkommen zutreffend in seinem Tagebuch : "Palzer 
(...) hat, was Houellebecq zu sagen versucht, hundertmal poetischer und 
komplexer aufs Papier gebracht. Ein großes Buch, das 1993 beinahe jeder 
übersah. Und die, die ich darauf aufmerksam gemacht habe, lehnten es in der 
Mehrzahl als altmodisch (!) ab." 

So, nach der Doppeltwerbung (HelKraus Tagebücher und Palzers Pony) die 
Rezension, siehe unten.

Schöne Grüsse rundum, 
Ihr/ Euer 
tw





  



 
Thomas Palzer, Bayern 2, Kiosk, 30.1.2007 

Zur dritten Ausgabe von Kultur & Gespenster 


 


Die der Coolness inhärente Selbstironie verrät sie als eine Technik, die 
typischerweise der Dandy erprobt. Und ein Vertreter dieser Spezies, der 1998 
gestorbene Literat Ernst Jünger nämlich, ist der Schöpfer jenes Begriffs, der 
gewissermaßen die Vorform der Coolness benennt: die Désinvolture.
Désinvolture ist die in den 20er Jahren des vergangenen Jahrhunderts zum 
Lebensideal habilitierte Contenance, deren oberstes Motto - wie das der 
Coolness - fordert, nichts und niemandem zu viel Aufmerksamkeit zu schenken. 
Bei der Désinvolture kommt aber noch etwas hinzu: Die Unschuld der Macht. So 
formulierte es der Erfinder des Begriffs, Ernst Jünger, selbst. 



Was dem Dandy nicht passt: die Mühen der Ebene, die Niederungen der Politik, 
der Schweiß der Ehrgeizigen kurz: das Engagement. Unter der Würde, sich für das 
Augenfällige auch noch zu engagieren! Anders gesagt: Nichts ist dem Dandy so 
verhasst wie die Paradiese, die die Didaktik verheißt. Vielleicht ist darum, so 
denke ich mir, Jünger am Ende seines Lebens zum Katholizismus konvertiert. Bloß 
nicht verstanden werden wollen! 



Mit Jüngers Dandytum ist der Übergang vom ZIG zu Kultur & Gespenster geschafft, 
der zweiten wichtigen Neugründung auf dem deutschen 
Intellektuellen-Zeitschriftenmarkt in den vergangenen 8 Monaten. Dieses Magazin 
kommt vierteljährlich aus dem Hamburger Textem-Verlag, der bislang nur durch 
seine Aktivitäten im Internet bekannt war. Wie das ZIG bevorzugt Kultur & 
Gespenster das Themenheft. Zwei Themenhefte von Kultur & Gespenster sind 
bereits publiziert. 



Und jetzt das dritte Heft. Eine Doppelnummer, deren zweite im April erscheinen 
soll. Thema: Der Dokumentarismus in Literatur und Film. Wirklich wahr nennt die 
Redaktion das Heft und karikiert damit jenes kleine Wörtchen namens echt, das 
wir alle gern ans Ende unserer Sätze hängen. Echt? 



Was mir an Kultur & Gespenster sehr gefällt: dass der Jargon, den es pflegt, 
zwischen Seminarismus und dessen beinahe dandyesker Parodie schillert, zwischen 
Überbietungsgestus und Unterhaltungswillen. 



Wirklich wahr - also die dritte Ausgabe des Magazins - beinhaltet einen Aufsatz 
mit dem Titel „Désinvolture und Coolness. Über Ernst Jünger, Hipsters und Hans 
Imhoff, den Frosch“. Autor: Dirck Linck, Literaturwissenschaftler in Hannover.
Wer ist Hans Imhoff? Ich schlage das Heft auf und lese: „Imhoff, entflammter 
Leninist, Nationalist, selbsternannter Volkskommissar von Frankfurt, Goethe-Fan 
und Begründer der A-Sozialistik, geht aus dem denkbar beatfernen Milieu der 
Kritischen Theorie hervor. Seit inzwischen vier Jahrzehnten arbeitet er an 
einem umfangreichen literarischen Werk, das er von Anfang an unzugänglich hält, 
indem er es nicht in den Buchhandel gibt. Ende der 60er Jahre, Imhoff ist 
Promovend bei Adorno, bestimmen nicht die ersten dieser eher geheimen Bücher 
seinen Credit in der Szene, sondern eine Reihe von sehr öffentlichen Aktionen. 
Sie richten sich stets gegen die Mandarine der Linken: Habermas, Alfred 
Schmidt, Mitscherlich, den Doktorvater Adorno. Plötzlich taucht der Frosch in 
ihren Veranstaltungen (oder bei Handke-Lesungen und Suhrkamp-Verlags-Empfängen) 
auf und sprengt die Events, indem er den repräsentativen Körper des 
Intellektuellen attackiert.“ Zitatende. 



Imhoff, seiner Unberechenbarkeit wegen als Frankfurter Frosch apostrophiert, 
steht prototypisch für die Unschuld der Machtlosen. An Imhoff zeigt der Kultur 
& Gespenster-Autor die Evolution des Dandys von Jünger zu seinem getreuen 
Gegenteil: der 68er Spaßgerilja. 68 gelang es, die Unschuld der Macht in die 
Unschuld der Machtlosen zu verwandeln, in antiautoritäres Gebaren.
Den Gesetzen dieser Emanzipationsbewegung gehorchend, schlägt unter dem Zugriff 
der Studentenbewegung Jüngers Désinvolture um in Coolness. Diese, so Dirck 
Linck, erweist sich als nichts anderes, denn die programmatische Weigerung, 
verstanden zu werden, sich lesen zu lassen. Coolness entzieht sich dem 
Lektüreprozess und der damit verbundenen Wut des Verstehens.
Hot oder cool, beide Begriffe stammen, darauf weist uns der Verfasser hin, aus 
dem Jargon des Bebop der 40er und 50er Jahre - was in Deutschland erst in den 
60ern rezipiert wurde. Coolness besagte für die Beat-Generation und alle, die 
auf diese noch folgten: die wohlige Temperatur des bürgerlichen Wohnzimmers 
herunterzudrehen. Kalt werden, und dann den Blick, bevor er zu viel Wärme 
abstrahlt, mit der Sonnenbrille maskieren. Wie Jean-Paul Belmondo und Jean 
Seberg in Außer Atem. 



Wenn - so resümieren wir mit dem Autor - Frechheit siegt, ist die Désinvolture 
egalisiert wie Vornehmheit durch Coolness. Hans Imhoff, Provo und 
Aktions-Künstler, Rabulist und Dichter, ist cool. Auf die Frage der Studenten, 
was das Stören der Vorlesungen denn solle, antwortete er von Kopf bis Fuß 
Dandy: Man muss mich nicht verstehen. 



Kultur & Gespenster ist avanciert und lässt vom Erscheinungsbild her erkennen, 
dass es zur Avantgarde gehörte, wäre eine solche noch denkbar. Das Magazin 
verfolgt die Strategie teilnehmender Beobachtung, ist also deutlich weniger 
aktivistisch als polar. 


 




-- 
Tobias Wimbauer / Wimbauer Buchversand
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