Juenger Freunde:
Wenige schreiben mit Talent. Gibt es aber gar so viele die mit Talent lesen?
Ernst Juenger. Ges. Werke. Fassungen II. Essays VII. Band 13. Seite 378.
Man lese nicht viel und nur das Beste, langsam, und befrage sich alle
Schritte. Georg Christoph Lichtenberg. (1742-1799). Sudelbuecher I. Seite
120.
Bestseller Leser: Sie lesen nur und sehen nicht, - und trinken Huehnerbruehe.
Ibid. 390.
In der Antwort zu einem Brief Michael Kreffts Eine Spitze gegen Autoren ,
betrachtet John King Ernst Juengers Tagebucheintraege alle mehr oder weniger
fingiert . Obwohl fingieren'' gewoehnlich als ein vulgaerer Ausruf
verstanden wird - 'man fingiert die duftende , aphrodisische Lotusbluete' oder
'man fingiert die Nasenloecher' - , trifft John King - ohne Zweifel ein
aufmerksamer , langsamer, nietzscheanischer Leser - dessenungeachtet den Nagel
auf den Kopf. Wie ich schon in meinem letzten Brief ueber die beruechtigte
Burgunderszene erwaehnte, Ernst Juenger kam es in der Hauptsache auf die
Sprache und die Dichtung an. So schreibt er in Siebzig Verweht I Seite 548.
Die deutsche Literatur wird heute als Nebenzweig der Politik behandelt. oder
als Terrain der Soziologie. Mir dagegen ist es um die Sprache zu tun - das ist
mein Dialog. Auf Diskussionen lasse ich mich nicht ein.
Da der Duden Fingierung auch als Dichtung auslegt , schrieb Juenger schon
desbezueglich in Strahlungen II am 24. November 1944: Gespraech mit
Alexander: Wie man eine Tagebuch fuehrt. Ueber das gleiche Thema schrieb ich
dann einen Hauptmann Mueller, der mir Aufzeichnungen zusandte. Die Durchsicht
meiner Reisetagebuecher macht mir den Anteil deutlich, in dem die Zeit
mitwirkte. Sie aendert den Inhalt wie die Gaerung und die Reife den Wein, der
in der Tiefe des Kellers liegt. Nun muss man noch einmal vorsichtig umfuellen,
(Fingieren! ) von der Hefe abgiessen. Hierueber hatte ich bei Armance ein
langes Gespraech mit Leautaud, der diese Praxis durchaus missbilligt und das
Wort, wie es im ersten Wurf gefallen ist, fuer unverletzlich, fuer sakrosankt
erklaert. Die Vorschrift ist fuer mich schon technisch undurchfuehrbar, weil
ich vieles andeutungsweise,. gewissermassen als Siegel der Erinnerung
einstreue. Die beste Erfassung des ersten Eindrucks ist die Frucht wiederholter
Anstrengungen.
Somit sage ich: Bravo, John King! und verbleibe mit herzlichen Gruessen vom
abenakischen Rittergut - Henry T. Malon.