Directors Lounge Screening:

Distruktur -
Melissa Dullius & Gustavo Jahn
perspectives - on moving

Donnerstag, 28. Mai 2015
21:00
Z-Bar
Bergstraße 2
10115 Berlin-Mitte

Ein Programm mit Kurzfilmen des in Berlin lebenden brasilianischen Künstler-Paares, Melissa Dullius und Gustavo Jahn, mit einigen neuen und selten zu sehenden Filmen. Distruktur, das sind Dullius und Jahn, besetzen einen fluktuierenden Raum zwischen dem großen und dem kleinen Kino. Sie arbeiten konsequent mit analogem Film bei der Aufnahme und entwickeln die meisten Filme selbst. Dabei erzeugen ihre Filme einen kinematischen Raum, der sich vom Gewohnten absetzt, obwohl sie ihre Szenen oder Filmsets meist im alltäglichen Leben verorten.

Die Filme können als experimentell-erzählerisch bezeichnet werden, da sie mit Skript und Schauspielers arbeiten, und da auch Kostüme oder Kleidung eine wichtige Rolle spielen. Und, beide Künstler erscheinen regelmäßig als Darsteller in ihren eigenen Filmen. Dennoch vermeiden sie gänzlich die konventionelle Dramaturgie des Mainstream und auch seine psychologischen Realismen, die meist in Richtung Melodrama führen. Der Film “Abril" (2002, Berlin Premiere) zum Beispiel scheint in einer längeren Passage ein direktes Zitat von Maya Derens “Meshes of the Afternoon" zu sein. Abril ist ein früher Film aus der Zeit als Melissa und Gustavo im Kollektiv “Sendero Filmes" in Porto Alegre in Brasilien zusammen arbeiteten, aber noch nicht als Regisseur-Duo. Der in der Mitte des Films aufscheinende Moment des Mysterium oder von Trance wird jedoch kurze Zeit später wieder aufgehoben, so als ob nichts passiert wäre, oder wie wenn er nur Erinnerung wäre, eine Erinnerung, die bleibt aber nicht in rationaler Weise zu erklären ist.

Die Zeit erscheint als mehrdeutig in den Filmen des Regisseur-Duos. Obwohl beispielsweise Triangulum (2008) und Time Machine (2015, deutsche Premiere) in der Zukunft angesiedelt sind, wie der erzählende Text erklärt, macht das Setting beider Filme keine Anlehnungen an Science Fiction Filme. Die aktive Handlung oder die Action versucht nicht eine mögliche Zukunft zu imitieren, und die dramatische Zeit könnte in der Vergangenheit, der Gegenwart oder Zukunft liegen. Schauen wir als Zuschauer in die Zukunft? Oder schauen wir aus der Zukunft zurück in die Gegenwart oder in die Vergangenheit? Diese Ambiguität der erzählerischen Zeit gibt dem Film Triangulum, der in Kairo und Alexandria gedreht wurde, zudem eine interessante zeitgenössische Perspektive. Mit dem Hintergrund des sich erst vor kurzem ereigneten “Arabischen Frühlings", der gewalttätigen politischen Veränderungen in Ägypten und den neuesten Kriegen im Nahen Osten einerseits - und der verbreiteten Sehnsucht nach dem Orient, die noch vor kurzem im Westen vorherrschte, hat der Film eine überraschende Aktualität.

Die Möglichkeit, die Filme zusammen in einem Programm zu sehen, macht es noch interessanter, über die unterschiedlichen Aspekte von Zeit in den Filmen von Distruktur nachzudenken, zumal Melissa und Gustavo vor kurzem zwei Filme realisiert haben, die man in der Vergangenheit ansiedeln könnte. Nicht in einer konkreten historischen Vergangenheit, aber in der Vergangenheit der Mythen. “Don't Look Back/ Labirinto" (2012) wurde in Berlin gedreht und bezieht sich auf den antiken Stoff de Orpheus; während “In the Traveler's Heart" (2013), der in Nida, in Litauen gedreht wurde, einen Protagonisten (und sein Schatten oder Double) präsentiert, der aus einer frühen Zeit des indigenen Südamerikas zu stammen scheint. In beiden Filmen, jedoch, erzeugen die jeweilige erzählte Zeit keine realistische Story. Zeit läuft hier nicht kontinuierlich wie ein Uhrwerk, oder gemäß einer Zeitschiene. Noch scheint es eine Art Traumzeit zu sein. Die Bilder dagegen muten sowohl zeitgenössisch an, als auch zeitlos, ohne konkrete Zeit.

Diese Vieldeutigkeit der Zeit, des Raumes und der Erzählung, die das Künstlerpaar kreieren, zusammen mit dem atmosphärischen Bild des handentwickelten analogen Films erzeugen eine unverwechselbare Erfahrung für den Zuschauer mit der Offenheit der eigenen Interpretation.

Die Filme werden teils als 16mm Film und teils als Video projiziert.
Die Künstler sind zur Einführung und Diskussion anwesend.
Kuratiert von Klaus W. Eisenlohr.


Artist Link:
http://distruktur.com

Links:
Directors Lounge
http://www.directorslounge.net
Details:
http://www.richfilm.de/currentUpload/
Z-Bar
http://www.z-bar.de
°*-*°

--
richfilm productions, Klaus W. Eisenlohr, Osnabrücker Str. 25, D-10589 Berlin

eMail Adresse:                  off...@richfilm.de
Homepage !!!            http://www.kw-eisenlohr.de
Film Produktion:                http://www.richfilm.de

Telefon:                        int.- 49 - (0)30 - 3409 5343 (BERLIN)

--
rohrpost - deutschsprachige Liste zur Kultur digitaler Medien und Netze
Archiv: http://www.nettime.org/rohrpost 
http://post.in-mind.de/pipermail/rohrpost/
Ent/Subskribieren: http://post.in-mind.de/cgi-bin/mailman/listinfo/rohrpost/

Antwort per Email an