Sehr geehrte Damen und Herren,

gerne möchten wir Sie auf einen kürzlich im transcript Verlag erschienenen
Titel aufmerksam machen:

Derrick de Kerckhove, Martina Leeker, Kerstin Schmidt (Hg.)
McLuhan neu lesen
Kritische Analysen zu Medien und Kultur im 21. Jahrhundert

April 2008, 514 S.,
kart., zahlr. Abb.,
inkl. DVD, 39,80 î
ISBN 978-3-89942-762-2

Dieser international und interdisziplinär besetzte Band nimmt eine kritische
Re-Lektüre von Marshall McLuhans Medientheorie vor und setzt sich so mit der
zeitgenössischen Medienlandschaft auseinander.
Die medien- und kulturwissenschaftlichen Beiträge, die um künstlerische
Stellungnahmen ergänzt sind, bieten eine umfassende und einmalige Sammlung
von Perspektiven auf das Werk McLuhans, neue Erkenntnisse zu Genese und
Implikationen seines Denkens sowie zu Umsetzungen in der Medienkunst. Das
Ergebnis ist ein so noch nicht da gewesener Einblick in den aktuellen Stand
der Medien- und Kulturwissenschaften.

Dem Band ist eine DVD beigefügt, die neben Kurzinterviews mit den Autoren
und Autorinnen auch vielfältiges medienkünstlerisches Material bietet.

Derrick de Kerckhove (Prof. Dr.) ist Leiter des McLuhan-Programms für Kultur
und Technologie in Toronto, Kanada. Seine Forschungsschwerpunkte sind
Neurophysiologie der Medien sowie kulturelle Auswirkungen digitaler Medien.
Martina Leeker (Prof. Dr.) ist Juniorprofessorin für Theater und Medien an
der Universität Bayreuth. Ihre Forschungsschwerpunkte sind Theatergeschichte
der Medien und Mediengeschichte des Theaters.
Kerstin Schmidt (Dr. phil.) unterrichtet amerikanische Literatur und Kultur
am Amerika-Institut der Ludwig-Maximilians-Universität München. Ihre
Forschungsschwerpunkte sind amerikanische Literatur und Kultur des 19. und
20. Jahrhunderts, Drama und Theater der Postmoderne sowie Theorien von
Räumlichkeit in amerikanischer Literatur, Photographie und Architektur.

Weitere Informationen und Leseproben finden Sie unter:
http://www.transcript-verlag.de/ts762/ts762.php




Miriam Horn schreibt:

Trotz der innovativen und rhetorisch nachhaltigen Inbegriffe wie "global village" oder "the medium is the message" verweigern sich viele Botschaften des kanadischen Medien- und Kulturtheoretikers (1911-1980) oft einer perspektivischen Deutung. Der Reader McLuhan neu lesen versucht dies erneut. Der Band basiert auf der Konferenz "Re-Reading McLuhan" (Februar 2007, Universität Bayreuth) und hat es sich zum Ziel gesetzt, sowohl Applikationen McLuhan'scher Theoreme für die zeitgenössische Medienbetrachtung als auch die Grenzen derselbigen gerade für die digitale Umwelt des Computers aufzuzeigen. Die Kritik der Herausgeber richtet sich gegen die Dominanz einer Medienanalyse, die in erster Linie technische und historische Entwicklungen fokussiert. Sie votieren deshalb analog' zu McLuhan - die Integration des Digitalen in den menschlichen Körper (The Extensions of Man, 1964) - für eine Einverleibung gerade ästhetisch-kultureller Implikationen in die kontemporäre Medienwissenschaft. Eine der zentralen Fragestellungen hierbei: Wo ergeben sich interessante und notwendige Referenz-/Kongruenz-/Divergenzbereiche seiner Thesen?

So lokalisiert Klaus Bartels (Hamburg) in seinem Beitrag prothetische Wirkungen der Medien. Diese tauchen zum Beispiel im Zusammenhang mit "pervasive games" auf. Diese semi-digitalen Spielen durchdringen die Grenzen von Virtualität und Realität spielerisch und benötigen dafür instruierende Tools wie Handys, Computer oder ein GPS. Jens Schröter (Siegen) erörtert die umstrittene Unterscheidung McLuhans in heiße und kalte Medien und erkennt eine Entsprechung für analoge beziehungsweise digitale Situationen. Gerade im Großkapitel "Lesarten", also der eigentlichen Re-Readings, ergeben sich in Anwendung auf McLuhans Idee vom individuellen Nutzwert und den Effekten einer Automation für den Menschen interessante Grenzbereiche seiner Prophetien.

Neben den breit angelegten Defaults einer Textsammlung zu Genese, Diskursen und Lesarten enthält McLuhan neu lesen entscheidende weiterführende Assoziationen. Diese Teile, mit "Seitenblicke" und "Medien heute" überschrieben, bieten gleichberechtigte Analogien und Repräsentanzen des McLuhan'schen Oeuvres für medienkünstlerische Arbeitsweisen wie beispielsweise neo-avantgardistische Vertreter der 1960er Jahre (Martina Leeker, Bayreuth), die biotechnologische Kunst (Jens Hauser, Paris) oder eine eigene multisensorische Installation. Dieses von Peter Bexte (Potsdam) zusammen mit Studenten umgesetzte "Marshall McLuhan Project" wurde im Rahmen der Konferenz gezeigt und findet sich neben einer gründlichen Auswahl an weiterführenden Links, Bild- und Tonmaterial sowie Autoreninterviews auf der beigefügten DVD wieder.

Damit nicht zuletzt dem Mantra "the medium is the massage" folgend, ermöglicht der vorliegende Band zahlreiche interdisziplinäre Perspektiven auf auch zukünftig einflussreiche Thesen. Die Rückbesinnung auf McLuhan ist trotz oder gerade ob der Schwierigkeit einer eindeutigen Systematisierung - bedingt durch die den Ansichten eigentümliche Dynamik - für die Medien- und Kulturwissenschaften unentbehrlich. McLuhan neu lesen bietet als Reader hierbei nicht nur eine breite Bestandsaufnahme der Medienwissenschaften, sondern zeigt auch, unter welchen (neuen) Vorzeichen und Bedeutungsrastern diese sowohl den technischen wie auch ästhetischen Entwicklungen gerade im web x.0 Rechnung tragen müssen.

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