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0-) n0name nachrichten #137 So., 10.05.2009 12:21 CET *Inhalt/Contents* 1. Debord - La Société du spectacle.srt als .txt 1 2. verteidigt das Portal der Fantasie aus: _3000/futuristische Phantasmen und aktuelle Fantasien der Technokultur 3.2_ (Fortsetzung aus nn #136) 31 KB, ca. 18 DIN A4-Seiten ------------------------------------------------------------------------ 1. Debord - La Société du spectacle.srt als .txt 1 Zunaechst einmal muss die srt und die Filmdatei den absolut identischen Namen haben (vor dem Punkt) und im gleichen Ordner liegen. 1 00:00:05,795 --> 00:00:09,095 <b>Die Gesellschaft des Spektakels</b> 2 00:00:10,836 --> 00:00:13,384 Geschrieben und realisiert von Guy Debord 3 00:00:13,718 --> 00:00:16,562 nach seinem Buch »Die Gesellschaft des Spektakels« 4 00:00:46,645 --> 00:00:49,975 In Entwendung schon vorher existierender Filme 5 00:00:50,219 --> 00:00:52,561 ist von folgenden Werken Gebrauch gemacht worden: 6 00:01:11,413 --> 00:01:15,276 ebenso von Werken einer bestimmten Zahl 7 00:01:15,535 --> 00:01:18,136 bürokratischer Filmemacher sogenannter sozialistischer Länder. 8 00:01:25,348 --> 00:01:32,253 Der Kommentar des vorliegenden Films, fertiggestellt im October 1974, besteht zur Gänze aus Auszügen der Erstausgabe von »Die Gesellschaft des Spektakels« (1967) 9 00:01:40,446 --> 00:01:43,619 Weil jedes besondere Gefühl 10 00:01:44,035 --> 00:01:46,878 nur Teil des Lebens 11 00:01:47,019 --> 00:01:49,618 und nicht das ganze Leben ist, 12 00:01:49,854 --> 00:01:52,210 brennt das Leben darauf sich zu verströmen 13 00:01:52,587 --> 00:01:55,689 über die Mannigfaltigkeit der Gefühle 14 00:01:56,129 --> 00:02:00,158 und sich in dieser Gesamtheit des Verschiedenen wiederzufinden. 15 00:02:00,472 --> 00:02:03,715 In der Liebe existiert das Getrennte noch, 16 00:02:04,045 --> 00:02:07,343 aber nicht mehr als getrennt : da vereint, 17 00:02:07,626 --> 00:02:10,752 und der Lebende begegnet dem Lebenden. 18 00:02:13,069 --> 00:02:16,956 Dieser Film ist Alice Becker-Ho gewidmet 19 00:02:25,901 --> 00:02:30,946 Das ganze Leben der Gesellschaften, in welchen die modernen Produktionsbedingungen herrschen 20 00:02:31,154 --> 00:02:35,315 erscheint als eine ungeheure Sammlung von Spektakeln. 21 00:02:35,728 --> 00:02:38,570 Alles was unmittelbar erlebt wurde 22 00:02:38,706 --> 00:02:42,119 ist in eine Vorstellung entwichen. 23 00:02:43,352 --> 00:02:46,688 Die Bilder, die sich von jedem Aspekt des Lebens abgetrennt haben, 24 00:02:46,824 --> 00:02:48,585 verschmelzen in einen gemeinsamen Lauf, 25 00:02:48,729 --> 00:02:52,073 in dem die Einheit dieses Lebens nicht wiederhergestellt werden kann. 26 00:02:52,215 --> 00:02:54,723 Die teilweise betrachtete Realität 27 00:02:54,835 --> 00:02:57,472 entfaltet sich in ihrer eigenen allgemeinen Einheit 28 00:02:57,583 --> 00:02:59,884 als abgesonderte Pseudo-Welt, 29 00:03:00,012 --> 00:03:02,517 Objekt der bloßen Kontemplation. 30 00:03:02,660 --> 00:03:06,830 Die Spezialisierung der Bilder der Welt findet sich vollendet 31 00:03:07,046 --> 00:03:09,475 in der autonom gewordenen Bildwelt wieder, 32 00:03:09,674 --> 00:03:12,936 in der sich das Verlogene selbst belogen hat. 33 00:03:13,165 --> 00:03:15,035 Das Spektakel überhaupt, 34 00:03:15,115 --> 00:03:17,352 als konkrete Verkehrung des Lebens, 35 00:03:17,551 --> 00:03:21,177 ist die eigenständige Bewegung des Unlebendigen. 36 00:03:22,584 --> 00:03:26,495 Das Spektakel stellt sich zugleich als die Gesellschaft selbst, 37 00:03:26,589 --> 00:03:28,344 als Teil der Gesellschaft 38 00:03:28,448 --> 00:03:31,036 und als Vereinigungsinstrument dar. 39 00:03:31,156 --> 00:03:33,281 Als Teil der Gesellschaft ist das Spektakel ausdrücklich der Bereich, 40 00:03:33,440 --> 00:03:37,435 der jeden Blick und jedes Bewusstsein auf sich zieht. 41 00:03:37,634 --> 00:03:40,047 Aufgrund dieser Tatsache, dass dieser Bereich abgetrennt ist, 42 00:03:40,174 --> 00:03:43,690 ist er der Ort des getäuschten Blicks und des falschen Bewusstseins; 43 00:03:43,969 --> 00:03:46,142 und die Vereinigung, die es bewirkt, 44 00:03:46,293 --> 00:03:48,915 ist nichts anderes als eine offizielle Sprache 45 00:03:49,040 --> 00:03:51,051 der verallgemeinerten Trennung. 46 00:03:52,307 --> 00:03:55,181 Seguy (Bürokrat der CGT) nach dem Streik 68 zu den Arbeitern: 47 00:03:55,268 --> 00:03:57,278 Wir haben viel erreicht, 48 00:03:57,419 --> 00:04:01,402 aber es ist auch noch viel zu tun. 49 00:04:03,530 --> 00:04:06,800 Das Spektakel ist nicht ein Ganzes von Bildern, 50 00:04:06,902 --> 00:04:12,570 sondern ein durch Bilder vermitteltes gesellschaftliches Verhältnis zwischen Personen. 51 00:04:13,337 --> 00:04:16,117 In seiner Totalität begriffen, ist das Spektakel 52 00:04:16,253 --> 00:04:20,910 zugleich das Ergebnis und die Zielsetzung der bestehenden Produktionsweise. 53 00:04:21,110 --> 00:04:23,587 Es ist kein Zusatz zur wirklichen Welt, 54 00:04:23,730 --> 00:04:25,887 kein aufgesetzter Zierat. 55 00:04:26,101 --> 00:04:30,153 Es ist das Herz des Irrealismus der realen Gesellschaft. 56 00:04:30,448 --> 00:04:32,724 In allen seinen besonderen Formen: 57 00:04:32,836 --> 00:04:34,834 Information oder Propaganda, 58 00:04:34,977 --> 00:04:38,461 Werbung oder unmittelbarer Konsum von Zerstreuungen 59 00:04:38,612 --> 00:04:40,354 ist das Spektakel 60 00:04:40,514 --> 00:04:43,981 das gegenwärtige Modell des gesellschaftlich herrschenden Lebens. 61 00:04:44,316 --> 00:04:46,761 Es ist die allgegenwärtige Behauptung 62 00:04:46,943 --> 00:04:52,632 der in der Produktion und ihrem korollären Konsum bereits getroffenen Wahl. 63 00:04:53,407 --> 00:04:57,137 Die Trennung selbst gehört zur Einheit der Welt, 64 00:04:57,385 --> 00:04:59,638 zur globalen gesellschaftlichen Praxis, 65 00:04:59,813 --> 00:05:02,833 die sich in Realität und Bild aufgespalten hat. 66 00:05:02,977 --> 00:05:04,418 Die gesellschaftliche Praxis, 67 00:05:04,583 --> 00:05:07,738 vor die sich das autonome Spektakel stellt, 68 00:05:07,895 --> 00:05:11,555 ist auch die das Spektakel umfassende wirkliche Totalität. 69 00:05:12,212 --> 00:05:14,449 Aber die Aufspaltung dieser Totalität 70 00:05:14,568 --> 00:05:19,672 verstümmelt sie so sehr, dass sie das Spektakel als ihren Zweck erscheinen lässt. 71 00:05:20,608 --> 00:05:24,321 In der wirklich verkehrten Welt ist das Wahre 72 00:05:24,458 --> 00:05:27,111 ein Moment des Falschen. 73 00:05:28,860 --> 00:05:31,017 Seinen eigenen Begriffen nach betrachtet, 74 00:05:31,163 --> 00:05:34,069 ist das Spektakel die Behauptung des Scheins 75 00:05:34,173 --> 00:05:37,806 und die Behauptung jedes menschlichen, d.h. gesellschaftlichen Lebens 76 00:05:37,900 --> 00:05:39,628 als eines bloßen Scheins. 77 00:05:39,829 --> 00:05:42,706 Aber die Kritik, die die Wahrheit des Spektakels trifft, 78 00:05:42,857 --> 00:05:46,060 entdeckt es als die sichtbare Negation des Lebens; 79 00:05:46,252 --> 00:05:47,913 als eine Negation des Lebens, 80 00:05:48,097 --> 00:05:50,509 die sichtbar geworden ist. 81 00:05:58,158 --> 00:06:01,900 Das Spektakel stellt sich dar als eine ungeheure, unbestreitbare 82 00:06:02,041 --> 00:06:04,789 und unerreichbare Positivität. 83 00:06:05,053 --> 00:06:06,922 Es sagt nichts mehr als: 84 00:06:07,050 --> 00:06:08,520 »Was erscheint, das ist gut; 85 00:06:08,624 --> 00:06:10,749 und was gut ist, das erscheint.« 86 00:06:10,876 --> 00:06:13,378 Die durch das Spektakel prinzipiell geforderte Haltung 87 00:06:13,538 --> 00:06:15,661 ist diese passive Hinnahme, 88 00:06:15,852 --> 00:06:17,786 die es schon faktisch erwirkt hat 89 00:06:17,914 --> 00:06:20,406 durch seine Art, unwiderlegbar zu erscheinen, 90 00:06:20,542 --> 00:06:23,498 durch sein Monopol des Scheins 91 00:06:24,041 --> 00:06:26,886 Das Spektakel unterjocht sich die lebendigen Menschen, 92 00:06:27,069 --> 00:06:30,338 insofern die Ökonomie sie gänzlich unterjocht hat. 93 00:06:30,536 --> 00:06:34,227 Es ist nichts als die sich für sich selbst entwickelnde Ökonomie. 94 00:06:34,397 --> 00:06:37,390 Es ist der getreue Widerschein der Produktion der Dinge 95 00:06:37,510 --> 00:06:41,072 und die ungetreue Vergegenständlichung der Produzenten. 96 00:06:41,368 --> 00:06:44,532 Da, wo sich die wirkliche Welt in bloße Bilder verwandelt, 97 00:06:44,668 --> 00:06:47,258 werden die bloßen Bilder zu wirklichen Wesen 98 00:06:47,448 --> 00:06:51,650 und zu den wirkenden Motivierungen eines hypnotischen Verhaltens. 99 00:06:53,328 --> 00:06:57,172 Je nachdem wie die Notwendigkeit gesellschaftlich geträumt wird, 100 00:06:57,402 --> 00:06:59,738 wird der Traum notwendig. 101 00:07:00,006 --> 00:07:04,009 Das Spektakel ist der schlechte Traum der gefesselten, modernen Gesellschaft, 102 00:07:04,244 --> 00:07:07,735 der schließlich nur ihren Wunsch zu schlafen ausdrückt. 103 00:07:07,951 --> 00:07:11,654 Das Spektakel ist der Wächter dieses Schlafes. 104 00:07:13,184 --> 00:07:16,445 Die Tatsache, dass die praktische Macht der modernen Gesellschaft 105 00:07:16,539 --> 00:07:18,275 sich von selbst abgehoben 106 00:07:18,400 --> 00:07:21,793 und sich ein selbständiges Reich im Spektakel fixiert hat, 107 00:07:21,931 --> 00:07:24,709 ist nur aus dieser anderen Tatsache, 108 00:07:24,866 --> 00:07:28,850 dass diese mächtige Praxis immer noch selbstzerrissen 109 00:07:29,121 --> 00:07:32,936 und sich selbst widersprechend geblieben war, zu erklären. 110 00:07:34,625 --> 00:07:37,245 Die älteste gesellschaftliche Spezialisierung ist es, 111 00:07:37,396 --> 00:07:39,186 die Spezialisierung der Gewalt, 112 00:07:39,402 --> 00:07:41,431 die an der Wurzel des Spektakels liegt. 113 00:07:41,574 --> 00:07:43,140 Das Spektakel ist somit 114 00:07:43,260 --> 00:07:47,109 eine spezialisierte Tätigkeit, die für die Gesamtheit der anderen 115 00:07:47,297 --> 00:07:51,550 Es ist die diplomatische Repräsentation der hierarchischen Gesellschaft vor sich selbst, 116 00:07:51,738 --> 00:07:53,933 wo jedes andere Wort verbannt ist. 117 00:07:54,077 --> 00:07:57,625 Hier ist das Modernste auch das Archaischste. 118 00:07:58,095 --> 00:08:00,859 Die verallgemeinerte Entzweiung des Spektakels 119 00:08:01,003 --> 00:08:03,632 ist untrennbar vom modernen Staat, 120 00:08:03,791 --> 00:08:07,722 — d.h. von der allgemeinen Form der Entzweiung in der Gesellschaft —, 121 00:08:07,889 --> 00:08:10,503 dem Produkt der Teilung der gesellschaftlichen Arbeit... 122 00:08:10,691 --> 00:08:13,613 und dem Werkzeug der Klassenherrschaft. 123 00:08:16,685 --> 00:08:17,883 Im Spektakel 124 00:08:18,059 --> 00:08:20,791 stellt sich ein Teil der Welt vor der Welt dar, 125 00:08:20,903 --> 00:08:22,445 und ist über sie erhaben. 126 00:08:22,589 --> 00:08:26,421 Das Spektakel ist nur die gemeinschaftliche Sprache dieser Trennung. 127 00:08:26,590 --> 00:08:28,476 Was die Zuschauer miteinander verbindet, 128 00:08:28,620 --> 00:08:31,591 ist nur ein irreversibles Verhältnis zum Zentrum selbst, 129 00:08:31,716 --> 00:08:33,165 das ihre Vereinzelung aufrechterhält. 130 00:08:33,316 --> 00:08:35,282 Das Spektakel vereinigt das Getrennte, 131 00:08:35,457 --> 00:08:38,350 aber nur als Getrenntes. 132 00:08:40,394 --> 00:08:43,078 Der Arbeiter produziert nicht sich selbst, 133 00:08:43,270 --> 00:08:46,130 sondern eine unabhängige Macht. 134 00:08:46,354 --> 00:08:49,597 Der Erfolg dieser Produktion, ihr Überfluss, 135 00:08:49,757 --> 00:08:53,638 kehrt zum Produzenten als Überfluss der Enteignung zurück. 136 00:08:54,143 --> 00:08:57,603 Die ganze Zeit und der ganze Raum seiner Welt werden ihm 137 00:08:57,785 --> 00:09:00,698 bei der Akkumulation seiner entfremdeten Produkte fremd. 138 00:09:00,941 --> 00:09:03,194 Eben die Kräfte, die uns entgangen sind, 139 00:09:03,353 --> 00:09:06,619 zeigen sich uns in ihrer ganzen Macht. 140 00:09:08,522 --> 00:09:10,600 Der von seinem Produkt getrennte Mensch 141 00:09:10,734 --> 00:09:12,381 produziert immer machtvoller. 142 00:09:12,509 --> 00:09:15,365 alle Einzelheiten seiner Welt 143 00:09:15,585 --> 00:09:19,271 und findet sich dadurch immer mehr von seiner Welt getrennt. 144 00:09:19,515 --> 00:09:22,679 Je mehr sein Leben jetzt sein Produkt ist, 145 00:09:22,799 --> 00:09:25,895 um so mehr ist er von seinem Leben getrennt. 146 00:09:26,714 --> 00:09:28,907 Das Spektakel ist das Kapital, 147 00:09:29,049 --> 00:09:32,742 das einen solchen Akkumulationsgrad erreicht, dass es zum Bild wird. 148 00:09:33,000 --> 00:09:38,977 <i>Man könnte diesem Film noch einen gewissen Wert zuerkennen,</i> 149 00:09:39,429 --> 00:09:45,803 <i>wenn er den bisherigen Rhytmus beibehielte; das tut er aber nicht. </i> Tätigkeiten spricht. 150 00:09:47,895 --> 00:09:49,240 Die kritische Theorie. 151 00:09:49,381 --> 00:09:52,257 muss sich in ihrer eigenen Sprache mitteilen. 152 00:09:52,736 --> 00:09:54,925 Diese Sprache ist die Sprache des Widerspruchs, 153 00:09:55,116 --> 00:09:57,561 die in ihrer Form dialektisch sein muss, 154 00:09:57,672 --> 00:09:59,973 wie sie es in ihrem Inhalt ist. 155 00:10:00,276 --> 00:10:02,257 Sie ist Kritik der Totalität 156 00:10:02,392 --> 00:10:04,383 und geschichtliche Kritik. 157 00:10:04,637 --> 00:10:07,290 Sie ist kein »Nullpunkt des Schreibens«, 158 00:10:07,441 --> 00:10:09,096 sondern seine Umkehrung. 159 00:10:09,438 --> 00:10:11,659 Sie ist keine Negation des Stils, 160 00:10:11,786 --> 00:10:14,215 sondern der Stil der Negation. 161 00:10:18,113 --> 00:10:19,399 In ihrem Stil selbst 162 00:10:19,547 --> 00:10:22,385 ist die Darlegung der dialektischen Theorie 163 00:10:22,526 --> 00:10:26,224 nach den Regeln der herrschenden Sprache 164 00:10:26,397 --> 00:10:28,980 und für den von ihnen anerzogenen Geschmack ein Ärgernis und ein Greuel, 165 00:10:29,188 --> 00:10:32,300 weil sie in der positiven Verwendung der bestehenden Begriffe 166 00:10:32,496 --> 00:10:34,722 zugleich auch das Verständnis <i>[film: - Welcher Gang - Von Intellektuellen !]</i> 167 00:10:34,847 --> 00:10:36,994 ihrer wiedergefundenen fließenden Bewegung, 168 00:10:37,146 --> 00:10:39,790 ihren notwendigen Untergang einschließt. 169 00:10:40,342 --> 00:10:42,978 Dieser Stil, der seine eigene Kritik enthält, 170 00:10:43,154 --> 00:10:46,238 muss die Herrschaft der gegenwärtigen Kritik 171 00:10:46,334 --> 00:10:48,075 über ihre ganze Vergangenheit ausdrücken. 172 00:10:48,267 --> 00:10:51,606 Durch ihn bezeugt die Darlegungsweise der dialektischen Theorie 173 00:10:51,702 --> 00:10:54,786 den negativen Geist, der in ihr steckt. 174 00:10:54,994 --> 00:10:59,948 Die Wahrheit ist nicht »so, wie das Werkzeug von dem dortigen Gefäße wegbleibt [...]« (Hegel) 175 00:11:00,082 --> 00:11:02,399 Dieses theoretische Bewusstsein der Bewegung, 176 00:11:02,526 --> 00:11:06,476 in dem die Spur der Bewegung selbst gegenwärtig sein muss, 177 00:11:06,640 --> 00:11:09,621 äußert sich durch die Umkehrung der etablierten 178 00:11:09,731 --> 00:11:11,647 Beziehungen zwischen den Begriffen 179 00:11:11,804 --> 00:11:16,603 und durch die Entwendung aller Errungenschaften der früheren Kritik. 180 00:11:17,472 --> 00:11:19,342 Die Ideen verbessern sich. <i>[film: Wir sind verloren !]</i> 181 00:11:19,470 --> 00:11:21,750 Die Bedeutung der Worte trägt dazu bei. 182 00:11:21,906 --> 00:11:23,824 Das Plagiat ist notwendig. 183 00:11:23,976 --> 00:11:25,669 Der Fortschritt impliziert es. 184 00:11:25,837 --> 00:11:28,313 Es hält sich dicht an den Satz eines Verfassers, 185 00:11:28,425 --> 00:11:30,263 bedient sich seiner Ausdrücke, 186 00:11:30,407 --> 00:11:32,020 beseitigt eine falsche Idee, <i>[film: Zurück !]</i> 187 00:11:32,132 --> 00:11:34,624 ersetzt sie durch die richtige. 188 00:11:36,662 --> 00:11:39,250 Die Entwendung ist die flüssige Sprache <i>[film: Halt !]</i> 189 00:11:39,378 --> 00:11:41,296 der Antiideologie. <i>[film: Feiglinge! Ihr habt ...]</i> 190 00:11:41,591 --> 00:11:43,381 Sie erscheint in der Kommunikation, <i>[film: ... eure Genossen verlassen!]</i> 191 00:11:43,597 --> 00:11:45,940 die weiß, dass sie nicht beanspruchen kann, <i>[film: Folgt mir !]</i> 192 00:11:46,081 --> 00:11:49,421 irgendeine Garantie in sich selbst und endgültig zu besitzen. weiter im n0name newsletter #138 ------------------------------------------------------------------------ 2. verteidigt das Portal der Fantasie (Fortsetzung aus im n0name newsletter #136) schlossen blieben. [11] Polen hatte - mit der Filmschule in Lodz als Zentrum - schon in den 1970ern eine eigene Schule von Videokuenst- lern hervorgebracht. [12] Unter der Diktatur Jaruzelskis emigrierten einige ihrer Protagonisten, wie Zbigniew Rybczynski, in den Westen und bereicherten dort die Szene des experimentellen Films ebenso wie die kommerzielle Welt des Rock-Videos. Andere, wie Josef Robakowski, entschieden sich dafuer, unter politisch und technisch schwierigen Be-dingungen in Polen weiterzumachen. Die Biennale in Wroclaw hat sich in den 1990ern zur wichtigen Drehscheibe fuer Ost-West-Beziehungen in der kuenstlerischen Welt der elektronischen Medien entwickelt. Das Festival _WRO 2000_ fand in jenem Gebaeude der alten Universitaet statt, das in seinem Turm eine der ersten astronomischen Beobachtungssta-tionen Europas beherbergte. Die Medienaktivisten der russischen, Pol-nischen, tschechischen oder ungarischen Szene beginnen die wert-vollsten Bestandteile ihrer Museen und Archive an das fortgeschrittene technische und mediale Wissen des Westens anzukoppeln oder lassen es sich erneut eigenstaendig entfalten. Ende der 1960er fanden nahezu parallel zwei Ausstellungen statt, die es sich zur Aufgabe gemacht hatten, auf je besondere Art die Wech-selverhaeltnisse zwischen Wissenschaft, Technologie, Kunst und Me-dien zu thematisieren. Der schwedische Kurator Pontus Hulten organi-sierte am New Yorker _Museum of Modern Art_ "The Machine". Das war ein Rueckblick auf die Avantgarden der zurueckliegenden Jahrzehnte des Zeitalters der Mechanik. In einem minimalen Appendix wurden aber auch Kuenstler und Ingenieure eingeladen, gemeinsame Experimente mit elektronischen Instrumenten und dem Computer vorzustellen. In dem kiloschweren Katalog mit metallenem Einband drohen die ausge-stellten elektronischen Projekte am Ende in blaeulicher Schrift auf wei-szem Grund zu verschwinden. [13] Aber es war ein Anfang, zusammen mit Jasia Reichardts unscheinbarerer Ausstellung im Londoner _Insti-tute of Contemporary Arts_, die ebenfalls 1968 stattfand" Ihr Titel ent-raetselt sich fuer die An-Archaeologie als ein hoechst willkommenes Ge-schenk. Die Ausstellung hiesz "Cybernetic Serendipity". Serendip ist eine fruehere Bezeichnung fuer Ceylon. Serendipity bezeichnet im Eng-lischen das Glueck, durch Zufall wertvolle Dinge zu finden oder zu erfin- 308 den. Der Begriff soll durch den Schriftsteller Horace Walpole gepraegt worden sein, in dessen Maerchen "The three Princes of Serendip" die Helden staendig Dinge entdecken und erfinden, nach denen sie nie- mand gefragt hat. [15] Diese beiden Ausstellungen und ihre Buecher sind Legende, die meis- ten der Pioniere rudimentaerer digitaler Graphik oder computergesteu- erter Installationen bereits vergessen. Das ambitionierteste Ereignis dieser Art fand indessen nur knapp drei Jahre spaeter in der Zagreber _ga-Ierije grada_ statt. Unter dem Titel "dijalog sa strojem" (Dialog mit der Maschine) trafen sich hier zum ersten Mal Kuenstlerinnen und Kuenst-ler, Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen aus west- und osteuro-paeischen Laendern, den USA und Japan, um ihre verschiedenen Zu-gaenge zu programmierter Kunst zu diskutieren. Unter vielen anderen stellte der Wiener Marc Adrian ein Programm vor, das er zusammen mit Gottfried Schlemmer und dem Programmierer Horst Wegschnei- der entwickelt hatte. Durch einen 162-11-Computer von IBM wurden Textfragmente aus populaeren Zeitschriften nach einem Zufallsprinzip syntaktisch neu geordnet. Die von der Maschine nach den Regeln des Programms montierten Texte wurden dramatisch, durch Schauspieler (a, b und c), rezitiert. "c: duerfen sich kreuzpunkte nicht verlieben? himmel beschwatzen koerperfrisch telefonleitungen. das muessen sie auch haben! aber wer sagt denn seinem kind wirklich, was das ist: himmel? peinlichkeiten liquidieren muede baeuche oder doch nicht? / a: trinken sie peinlichkeiten! frauen finden unabhaengige geschmaecker. die martinis kennen keine langeweile. / b: duerfen sich frauen nicht ver-lieben? zungen schneiden knospig kreuzpunkte. was geschah mit dem schoensten titelbildmaedchen der sowjetzone? " [16] Im Norden Italiens streiten der Medientheoretiker und -aktivist Tommaso Tozzi sowie das Netzwerk-Duo 0100101101101.org fuer eine staerkere Integration der avancierten Technologien in die politische und akademische Kultur. In Venedig baut Fabrizio Plessi seit Jahrzehnten schoene barocke Videoskulpturen. Im Hinblick auf den Sueden ist eine erneute Verschiebung der Geographie indessen noch schwer vorstell-bar. Das liegt an gravierenden oekonomischen Problemen und man-gelnden technischen Infrastrukturen. Es hat aber auch damit zu tun, 310 dass die juengsten innovatorischen Schuebe im Sektor der Medientech- nologien Resultate von sozialen und kulturellen Prozessen sind, die den suedeuropaeischen Gesellschaften eher fremd sind. Die Arbeit und das Spiel an den individuellen Endstationen der Monitore und Daten- netze finden in Vereinzellung statt, und sie sind im Wesentlichen immer noch von geschlossenen Architekturen abhaengig, die an die globalen Netze angeschlossen sind. Der imaginaere Aufenthalt im w/w/w besitzt fuer Angehoerige einer Alltagskultur, die sich traditionell stark ueber die Oeffentlichkeit der Straszen und Plaetze und die orale Kommunikation definiert, noch wenig Attraktivitaet. Lediglich das _handy_, mit dem man die am meisten geschaetzten Formen des Austauschs mit den Anderen technisch erweitert praktizieren kann, bildet hier eine Ausnahme. In Suedamerika stellt sich diese Situation wiederum betraechtlich anders dar. Insbesondere in denjenigen Laendern, deren tele-kommunikative Systeme ueber laengere Perioden fuer die Nutzer diktatorisch einge-schraenkt waren, wie in Argentinien oder Brasilien, ist die Praesenz des _Internets_ bereits weit in den urbanen Alltag hinein vorgedrungen. In den besser gestellten Stadtgebieten von Buenos Aires oder Sao Paulo findet man regelrechte Supermaerkte fuer den Zugang zum w/w/w. Das sind Verkaufsstationen fuer Zeit. #Der Besitzer stellt die Infrastruktur und die Terminals zur Verfuegung, ueber die der Kunde sich an das globale Datennetz anschlieszen lassen kann. Dieser bezahlt wie beim Eintritt in die Phantasiemaschine Kino.# Das einstige Zentrum der magischen Naturforscher und Erfinder phantastischer Medienwelten, Neapel, spielt in der aktuellen Medien- geographie keine Rolle. Das, was in den Datennetzen als Simulation angestrebt wird, das so wenig wie moeglich geordnete und restringierte Neben- und Ineinander mannigfaltiger Identitaeten, ist hier Realitaet des Alltags, mit allen seinen Inkompatibilitaeten, Desastern und Genuss versprechenden Ueberraschungen. So behaelt die Stadt Portas den Sta-tus, den sie schon fuer viele fruehere Generationen von Intellektuellen hatte. Sie ist Ort der Sehnsucht, vor allem fuer diejenigen, die aus dem satten und wohl geordneten Norden stammen. In Herbert Achtern-buschs Film "Das Andechser Gefuehl" (1974) ist der vom Regisseur ge-spielte Gymnasiallehrer gerade vom Freistaat Bayern zum Beamten auf 311 Lebenszeit ernannt worden. Das stuerzt ihn in tiefe Depression und Ver-zweiflung. Anstatt zum gemeinsamen familiaeren Mittagessen kommt es in der Kueche zu einem heftigen Streit mit seiner Ehefrau, in den auch die Geliebte des Lehrers verwickelt wird. Von der Gattin mit einem riesi-gen Fleischmesser attackiert, sinkt er auf den gekachelten Kuechenbo-den nieder und haucht, vor den Fueszen seiner Geliebten, mit den Wor-ten sein Leben aus: "Neapel sehen und sterben". Der ebenfalls praesente Priester, gespielt von dem Filmregisseur und heutigen Direktor der Ber-liner Film- und Fernsehakademie Reinhard Hauff, wurde zuvor in den Garten vertrieben. -------------------------------------------------------------- | #Die wichtigste Voraussetzung fuer die Gewaehr von relativ | | machtfreien Raeumen in den Medienwelten besteht darin, | | auf den Anspruch der Besetzung ihres Zentrums zu ver- | | zichten.# | -------------------------------------------------------------- In der Tiefenzeit der Medien lassen sich zwei Modelle beobachten, die den Spannungen entsprechen, die Georges Bataille in den 1930ern un- ter dem Eindruck des Faschismus und des Stalinismus mit seinem Vor- schlag zur "Aufhebung der Oekonomie" aufmachte. #Einer dem Para- digma der Produktivitaet verpflichteten Oekonomie der Zurichtung, die zunaechst im Projekt des industriellen Kinos und Fernsehens und vor- laeufig im post-industriellen [17] Phaenomen des _Internets_ muendete, steht eine Oekonomie der Freundschaft gegenueber. Die erste dient der Effekti-vierung von Systemen, ihrem Schutz oder auch dem Angriff gegen an-dere konkurrierende Systeme. Die zweite verhaelt sich gegenueber der ersten subversiv und ist luxurioes. Sie bedarf keiner Legitimation, wie das Vergnuegen und die Kunst keine solche benoetigen. Sie entfaltet sich, oder es gibt sie nicht. Sie existiert in und neben der hegemonialen Oeko-nomie.# Selbst in denjenigen Medienwelten, die sich in empfindlicher Naehe zur Macht entwickelten, der Telekommunikation und der Krypto-graphie als ihr Spezialfall, war diese andere Oekonomie mit groszem Er- findungsreichtum praesent. Von der "Polygraphia" des Trithemius ueber die Vorschlaege zur Fernverstaendigung Portas bis hin zum "Ortsfor- 312 scher" Kessiers und der elektrischen Fernschreibmaschine Bozzolis wa- ren die Konzepte bis ins konzeptuelle Detail hinein von der Sorge um den Freund motiviert, der sich an einem nicht zugaenglichen Ort auf- halten musste. In der ersten Haelfte der 1990er erlebte das _Internet_ eine kurze eu-phorische Phase. Jeder, der Zugang zu einem Computer und einem Telefonanschluss hatte, konnte weitgehend unzensiert Botschaften verschicken und empfangen. #Auf die neuen medialen Netze wurden politische und kuenstlerische Utopien des freien Austauschs jenseits von Markt- und Machtstrukturen projiziert.# Die junge Szene der internatio-nalen Netzwerker akzeptierte die alten Grenzen der konkurrierenden Systeme von vornherein nicht. Im Gegenteil, Verbindungen zu den zu-naechst wenigen frei zugaenglichen und an die internationalen Datenlei-tungen angeschlossenen Computer in Osteuropa herzustellen, hatte fuer ihre Aktivitaeten hoechste Prioritaet. Das war Bestaetigung und zu-gleich Test der demokratischen Potenziale, die man in den nun massen-haft zugaenglich gemachten telematischen Netzwerken vermutete. Fuer die Bewohner der groszen Staedte in denjenigen Laendern, in denen die politischen und oekonomischen Umwandlungen sich unter den Zeichen des globalen Marktes relativ friedlich vollzogen, wurden sie die schnells- ten Anschluesse an die Marktplaetze des Westens. Fuer diejenigen, die, beispielsweise im Kosovo oder in Albanien, unter Krieg und Verfolgung zu leiden hatten, waren es die einzigen Verbindungen, die der Zensur nicht ohne weiteres zugaenglich waren. 1996 begann das _Syndicate Net- work_ als "ein translokales Netzwerk, das auf persoenlichen Beziehungen beruht und auf einer gesunden Mischung aus Uneinigkeit, Respekt und Solidaritaet, die jede gute Freundschaft charakterisiert . . . Das #Syndicate# hat seine Wurzeln in den taktischen Medienverbilnden, die Individuen und Gruppen auf beiden Seiten des Eisernen Vorhangs und unter ihm hindurch miteinander verbanden, jenseits massenmedialer Aufmerk-samkeit." [18] Auch diese Verhaeltnisse etablierten sich. Einer der Hoehe-punkte in den bisherigen Aktivitaeten des _Syndicates_ war der "Deep Europe Workshop", der 1997 innerhalb der Internet-Plattform der _docu-menta X_ in Kassel stattfand. 15 der Syndikalisten aus verschiedenen Laendern West- und Osteuropas diskutierten hier unter den Augen der 313 Weltoeffentlichkeit ihre Vorstellungen eines durch Netzwerke der wech- selseitigen Achtung verbundenen Mitteleuropas. Auch die Subszene der vernetzten Medienwelten, fuer die Syndicate nur ein Beispiel von vielen ist, [19] transformiert sich zu Beginn des neuen Jahrzehnts. Die Etablierung des World Wide Web als globaler au- diovisueller Dienstleistungsbetrieb, der alles zu kommerzialisieren ver-steht, was auf ein massenhaftes Nutzerinteresse stoeszt, inklusive von Datendienstleistungen am Rande der Illegalitaet, hat die Identitaet eines hochintelligenten Lumpenproletariats fragwuerdig werden lassen. Gleichwohl haben die engagierten Initiativen dazu beigetragen, die Op- tion auf eine nicht hierarchisierte Oeffentlichkeit heterogener Bezie-hungen auch im Hinblick auf die technisch avancierten Medienwelten offen zu halten. Es ist kein Scheitern, dass sie nicht zum zentralen Mo-dell der so genannten Informationsgesellschaft wurde. #Die Oekonomie der Freundschaft besitzt keine Verallgemeinerungsfaehigkeit. Sie entfal-tet sich in und quer zu den etablierten Beziehungen und ist in der Regel nicht von Dauer. Sie muss immer wieder neu eingerichtet werden.# -------------------------------------------------------------- | Das Problem, eingreifende Medienwelten sich vorstellen, | | sie analysieren und schoepferisch entwickeln zu koennen, | | besteht weniger darin, einen passenden Rahmen dafuer zu | | definieren, als darin, sie sich mit und in der Zeit entwi- | | ckeln zu lassen. | -------------------------------------------------------------- ======================================================================== Sie erhalten den n0name newsletter, weil sie da sind!/You get the n0name newsletter, because you are there! *Bitte weiterleiten!/Please forward!* Archiv: http://www.n0name.de/newsletr.html (c) 1999-2009 n0name, die Autorinnen & Autoren und die Maschinen Unterstuetzt von XPECT MEDIA http://www.xpect-media.de Sponsored by FONDS Dank an >top e.V. ------------------- Ende des n0name newsletter #137 -------------------- -- Neu: GMX FreeDSL Komplettanschluss mit DSL 6.000 Flatrate + Telefonanschluss für nur 17,95 Euro/mtl.!* http://dslspecial.gmx.de/freedsl-surfflat/?ac=OM.AD.PD003K11308T4569a
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