Die Frage »Ist Google Maps Schuld an Morden?« kann ich mit einem ganz klarem »Nein!« beantworten.
Ich bin vom Deutschlandradio wirklich weniger reißerische Schlagzeilen gewöhnt. Aber das Deutschlandradio hat eh nur eine Meldung von der Huffington Post kopiert, selbst haben sie inhaltlich nichts zu sagen. Der Artikel: http://www.huffingtonpost.com/2013/02/11/google-earth-error-murder_n_2664042.html Da da der eigentliche Inhalt steht, beziehe ich mich darauf. Der Artikel liest sich so, als wäre jetzt Google dafür verantwortlich, dass diese beiden Menschen sterben mussten, und nicht ihr Mörder. Das ist natürlich Blödsinn. Der größte und fahrlässigste Trugschluss in diesem Artikel (welcher bei Deutschlandradio übernommen wird) ist diese stillschweigende Annahme, dass die Menschen hinter einem Kartendienst (egal welchem), irgendeine Form an Schuld oder zumindest nur eine moralische Mitschuld an den Morden tragen, weil die Daten falsch waren. Es ist deshalb ein Trugschluss, weil, wären die Kartendaten in diesen Fällen korrekt gewesen, hätte es die Verwechselung nicht gegeben. Das hieße einfach nur, dass statt den "falschen" die "richtigen" Menschen umgebracht würden. Die Sache kann ich sogar noch ins absurde ziehen, indem ich sie umdrehe: Wenn Meredith implizieren kann, dass Kartenfehler Leben kosten (nämlich die Leben der irrtümlich ermordeten), dann kann ich auch gleichzeitig behaupten, dass Kartenfehler Leben retten (nämlich die Leben der irrtümlich _nicht_ ermordeten!). Die Kartendaten sind höchstens nur indirekt Schuld daran, dass die _falschen_ Menschen ermordet werden (aber was heißt DAS schon?), nicht aber, _dass_ Menschen ermordet werden. Da ich selber bei OpenStreetMap relativ aktiv bin, bin ich auch einer dieser Kartenmacher. Der Artikel ging nur um Google, aber die Rhetorik wendet sich gegen alle Kartenmacher, somit auch mich. Das kann ich nicht auf mich sitzen lassen. Drastisch formuliert: Mein Gewissen wöge keine Mikrogramm mehr, wenn in irgendeinem Haus jemand "irrtümlicherweise" ermordet würde, weil die Hausnummer (oder was auch immer) falsch wäre und dieser Fehler stamme von mir. Viel eher würde ich mir ernsthafte Gedanken um die Sicherheit in meiner Nachbarschaft machen, wenn Auftragsmörder einfach so ihr Unwesen treiben können und so schnell wie möglich abhauen. Zu den Themen Auftragsmörder und Moral siehe auch "Hitman Finds Morals" von Third String Kicker Comedy <http://youtu.be/ZrxSiDQIrgU>. Dann dieser Satz: > Mapping apps and services have played a role in several recent crimes > and mishaps. Blafasel und blablubb. Diese Aussage ist zwar sachlich absolut korrekt, aber sie bedeutet rein gar nichts. Es ist nur Geschwafel. Eine Analogie: Bevor es das Internet gab, gab es ausgedruckte Straßenkarten, die (Überraschung!) auch von Mördern benutzt wurden. Trotzdem käme wohl kaum einer auf die Idee, zu sagen, dass Straßenkarten eine Rolle in diversen Verbrechen gespielt haben. Weil … na und? Nur weil Mörder Straßenkarten benutzen, trifft die Ersteller der Karte keine Schuld. Das ist bei digitalen Karten genauso, ergo ist dieser Satz bedeutungsschwangeres Gefasel. Zum »Zusammenhang« von Kartenanwendungen mit Verbrechen siehe auch "The Heist" von Third String Kicker Comedy <http://youtu.be/PhqojNDWYxo>. Abgesehen davon müssen das alles ausgesprochen unfähige Mörder bzw. Auftraggeber gewesen sein, denn da muss ja wirklich alles schiefgelaufen sein: Erstens gibt/gab es ja den bekannten Kartenfehler. Daran sind weder Mörder noch Auftraggeber schuld. Zweitens haben alle Mörder sich nicht die Mühe gemacht, auf die Hausnummer (die Reale!) zu gucken, bevor sie das Haus betreten. Drittens hätte den Mördern spätestens beim Anblick ihrer Opfer klar sein müssen, dass sie den »falschen« auflauern, wegen anderem Aussehen etc. Da es ihnen aber offensichtlich auch da nicht klar wurde, weist das darauf hin, dass die Auftraggeber den Mördern wohl noch nicht mal ein Foto oder ähnliches gegeben haben, vielleicht nur eine sehr vage Beschreibung, noch nicht mal, wie das Haus aussieht usw. Daran, dass es »die Falschen« erwischt hat, hat also mehr die Stümperhaftigkeit der Mörder bzw. Auftraggeber Schuld als die der Kartenmacher. Deshalb hab ich ein paar Absätze vorher auch nur von einer indirekten Schuld geschrieben. Bei dieser Art von Journalismus weiß ich, warum ich keine Zeitungen aufschlage. Ja, ich frage mich, wozu ich eigentlich diesen Link angeklickt habe. _______________________________________________ Talk-de mailing list Talk-de@openstreetmap.org http://lists.openstreetmap.org/listinfo/talk-de