taz

https://taz.de/Lithiumabbau-in-Portugal/!5655713/

 

21. 1. 2020

 

Lithiumabbau in Portugal

 

Böse Minen zum guten Spiel

 

Portugal will mit dem Abbau seiner Lithiumvorräte aus der Krise kommen. Das 
würde die Landschaft großflächig zerstören.

 

REINER WANDLER

 

MADRID taz | Die Regierung und das britische Bergbauunternehmen Savannah 
Resources versprechen einiges: Millioneninvestitionen, Steuerreichtum für die 
armen ländlichen Gemeinden, Hunderte gut bezahlte Arbeitsplätze und damit ein 
Ende der Abwanderung der Bevölkerung aus dem strukturschwachen Norden 
Portugals. Doch all das hat seinen Preis. Denn unter den Hügeln hier verbergen 
sich große Vorkommen von Lithium, die über riesige Tagebaulöcher ausgebeutet 
werden sollen. „Sie wollen die gesamte Region umpflügen“, sagt Jessica da Cruz 
von der Bürgerinitiative gegen den Lithiumabbau.

 

Das Metall ist wichtig für die Mobilitätswende. 27 Millionen Tonnen 
lithiumhaltiges Gestein soll allein rund um den 260-Seelen-Ort Covas do Barroso 
nahe der Grenze zur spanischen Region Galicien liegen. Die Region wurde erst 
vor gut einem Jahr von der Landwirtschafts- und Ernährungsorganisation der 
Vereinten Nationen zum landwirtschaftlichen Weltkulturerbe erklärt.

 

Da Cruz ist in Frankreich aufgewachsen. Dennoch betrachtet sie den kleinen Ort 
als Heimat. Ihre Eltern gehören zu denen, die „anderes suchten als Viehzucht 
und Ackerbau“ und deshalb ausgewandert sind. Jetzt leben sie wieder in einem 
Dorf. Da Cruz arbeitet in Paris als Juristin, in Covas do Barroso verbringt sie 
nur ihre Ferien. „Aber dort sind meine Familie, meine Freunde, alles, was mir 
etwas bedeutet.“

 

Noch sei die Natur in der gesamten Nordregion intakt, sagt sie. „Das ist unser 
Kapital. Nachhaltiger Tourismus und Landwirtschaft gibt uns für alle Zeiten 
genug zu essen. Eine Mine schließt in zehn Jahren und hinterlässt eine 
zerstörte Landschaft.“ Der Bevölkerung sei das klar, die Versprechungen von 
Behörden und Industrie verfingen deshalb nicht. Dutzende 150 Meter tiefe Löcher 
mit einem Durchmesser von bis zu 600 Metern, die die Landschaft zerstören, 
wolle hier niemand.

 

Größte Lithiumvorkommen Europas in Portugal

 

Dass die Mine Arbeitsplätze in der Region schafft, glaubt Da Cruz auch nicht. 
„Die Bergbaubetreiber bringen einen Teil ihrer Belegschaft mit, und die Fabrik 
zur Herstellung von Batterien für Elektrofahrzeuge soll jetzt doch nicht gebaut 
werden.“ Hintergrund soll der Mangel an Fachkräften sein. Aber in der 
Bürgerinitiative geht man davon aus, dass das Metall nach China verschifft und 
dann dort verarbeitet werden soll.

 

Rund um Covas do Barroso würden die Narben in der Landschaft und die Folgen des 
hochtoxischen chemischen Prozesses zurückbleiben, mit dem das Lithium aus dem 
Gestein gelöst wird. Für ein Kilogramm des begehrten Metalls müssen bis zu 
einer Tonne Gestein ausgewaschen werden. Portugal hat, so zeigen Studien, die 
größten Lithiumvorkommen in Europa. Weltweit liegt es auf Platz sechs, hinter 
Australien, Chile, China, Argentinien und Simbabwe. Bislang findet der Abbau 
hier in relativ kleinen Mengen für die Keramikindustrie statt.

 

Das soll sich ändern. Denn die Nachfrage steigt weltweit ständig. Lithium ist 
Bestandteil der Batterien 
<https://taz.de/Batterien-fuer-Elektroautos/!5649330/>  für allerlei 
Elektronikgeräte, vom Notebook bis zum Smartphone, und vor allem der Akkus der 
E-Autos. Bereits heute werden 56 Prozent des verkauften Lithiums in der 
Batterieproduktion gebraucht. Tendenz steigend.

 

2030 sollen nach den Plänen der Europäischen Union 
<https://taz.de/Von-der-Leyens-European-Green-Deal/!5645137/>  mindestens 35 
Prozent der neu zugelassenen Pkws und Lieferwagen einen Elektromotor haben. 
Schätzungen gehen davon aus, dass das Lithiumgeschäft in zehn Jahren allein in 
Europa bis zu 200 Milliarden Euro jährlich bewegen könnte. Doch der 
Lithiumrausch birgt auch seine Gefahren. Im vergangenen Jahr brach der 
Weltmarktpreis um 50 Prozent ein. Der Grund: Überangebot durch immer neue Minen.

 

Lithium soll aus der Krise führen

 

Die sozialistische Regierung von Ministerpräsident Antonio Costas in Lissabon 
sieht jedoch die große Chance, das südwesteuropäische Land endgültig aus der 
Krise zu führen. Costas steht deshalb voll und ganz hinter den Bergbauplänen. 
„Wenn wir CO2 reduzieren wollen, ist Lithium unerlässlich“, erklärt 
Umweltminister João Pedro Matos Fernandes, der auch für den Energiewandel 
zuständig ist.

 

Ziel sei, rund um die Minen eine ganze Industrie aufzubauen, die Portugal mit 
zu den führenden Zuliefernationen für die E-Mobilität mache. Die Regierung geht 
davon aus, dass allein in den fünf Regionen mit den größten Lithiumvorkommen 
3,3 Milliarden Euro investiert werden. In Covas do Barroso könnte es schon im 
Frühjahr mit dem Bergbau ernst werden. Denn sobald das Umweltgutachten vorliegt 
– und falls dies positiv ausfällt –, dürfen die Bagger anrücken.

 

Die Menschen in Covas do Barroso sind nicht die Einzigen, die sich gegen den 
Abbau des „weißen Goldes“ wehren, wie die Medien das Metall längst nennen. 
Insgesamt laufen etwa 30 Anträge auf Schürflizenzen überall im Land. Mehr als 
3.600 Quadratkilometer Fläche sind davon betroffen.

 

Das Problem: Portugal ist nicht China oder Chile. Die Lithiumvorkommen liegen 
nicht irgendwo mitten in der Wüste, sondern in Gebieten, in denen Menschen 
leben und Landwirtschaft betreiben. Wie in Covas do Barroso. Die dortige 
Bürgerinitiative hat sich mittlerweile mit einem Dutzend weiteren Gruppen aus 
anderen portugiesischen Regionen zusammengeschlossen.

 

Lokaler Protest gegen Bergbau

 

In den betroffenen Dörfern nehmen sie den Widerstand ernst 
<https://www.change.org/p/contra-a-explora%C3%A7%C3%A3o-da-mina-de-l%C3%ADtio-em-covas-do-barroso>
 . So haben Protestierende den Bergbauunternehmen den Zutritt zu privaten und 
gemeindeeigenen Grundstücken verwehrt, als diese dort Probebohrungen vornehmen 
wollten. In einem der betroffenen Orte, in Montalegre unweit von Covas do 
Barroso, boykottierten sie die letzten Parlamentswahlen. „Und wir haben den 
zuständigen Staatssekretär aus dem Umweltministerium, João Galamba, aus dem 
Dorf vertrieben, als er hier den Lithiumabbau anpreisen wollte“, sagt Da Cruz.

 

Landschaftsschutz ist bei Weitem nicht das einzige Argument der Bergbaugegner. 
Die Umweltschutzorganisation Quercus hat eine Studie erstellt. Die AutorInnen 
kommen zu dem Ergebnis, dass jedes Lithiumbergwerk pro Jahr 1,79 Millionen 
Tonnen des Klimakillers CO2 verursachen würde. Das wiederum würde bedeuten, 
dass Portugal das für 2050 gesteckte Ziel der Klimaneutralität deutlich 
verfehlen werde.

 

 

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