NABU-PRESSEMITTEILUNG | NR 45/21 | 21. APRIL 2021
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Delegated Act/EU-Taxonomie
NABU: Umweltsünder können Investitionen weiterhin als „grün“ labeln
Krüger: Chance für echte Verbesserungen weit verfehlt / Industrielle
Abholzung von CO2-speichernden Wäldern gilt weiterhin als „nachhaltig“
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Berlin/Brüssel - Heute hat die EU-Kommission den ersten delegierten
Rechtsakt zur EU-Taxonomie, die sogenannte Klima-Taxonomie, in Brüssel
vorgestellt. Darin werden Prüfkriterien definiert, nach welchen
Investitionen in Technologien und wirtschaftliche Aktivitäten als
klimaverträglich bezeichnet werden dürfen. Die EU-Taxonomie soll
Investoren und Nationalstaaten dabei helfen, nachhaltiger zu investieren
und Gelder im Sinne des Umwelt- und Klimaschutzes einzusetzen. Der heute
vorgestellte Entwurf bleibt laut NABU jedoch weit hinter diesen Zielen
zurück.
 
NABU-Präsident Jörg-Andreas Krüger: „Mit den Finanzkriterien in der
neuen EU-Taxonomie hat die EU-Kommission die Chance für echte
Verbesserungen in der Forst- und Energiewirtschaft vertan. Auf Druck der
nordischen Lobby gelten auch die industrielle Abholzung von
CO2-speichernden Wäldern und das klimaschädliche Verbrennen von Holz zur
Energiegewinnung als nachhaltig. Umweltsünder können ihre Investitionen
somit weiterhin als „grün“ labeln. Das Ziel, Greenwashing zukünftig zu
verhindern, ist damit weit verfehlt. Das Europäische Parlament und der
Europäische Rat müssen diesen Entwurf ablehnen. Wir brauchen eine
wissenschaftsbasierte EU-Taxonomie – nur so erreichen wir die Ziele des
European Green Deal und eine klimaneutrale EU bis 2050.“
 
In relevanten Bereichen wie Forstwirtschaft und der Förderung von
Biomasse ist die EU-Kommission nicht den Empfehlungen ihrer
Expertengruppe, sondern Lobbyinteressen gefolgt. Konkret kritisiert der
NABU, dass in der Fortwirtschaft de facto alle Formen des
Holzeinschlages bzw. der Abholzung von Wäldern als "grün" definiert
werden.
 
Darüber hinaus wird im jetzigen Entwurf jede Art von Bioenergie, die in
der überholten Erneuerbaren Energie Direktive von 2018 (RED II) erlaubt
ist, ebenfalls als „grüne Aktivität“ gewertet. Die RED II erlaubt jedoch
weiterhin, dass z.B. Wälder abgeholzt und in deren Holz in Kraftwerken
verbrannt werden, was hohe Netto-Emissionen verursacht, Waldökosysteme
schädigt und gleichzeitig mit Milliarden als "Erneuerbare Energie"
subventioniert wird.
 
Die Entscheidung, ob Erdgas und Atomkraft als „klimafreundliche“ Formen
der Stromgewinnung aufgenommen werden, wurde auf das vierte Quartal des
Jahres verschoben. Hier droht ein schmutziger Kompromiss, wenn
Frankreich sich für Atomstrom und Deutschland für Erdgas durchsetzt.
 
 
Hintergrund
Die europäische Taxonomie-Verordnung ist ein Rahmen zur Bewertung der
Nachhaltigkeit von wirtschaftlichen Aktivitäten. Sie trat im Juli 2020
in Kraft. Das Ziel: Investoren, Nationalstaaten und die Europäische
Union sollen nachhaltiger investieren, "Greenwashing" soll verhindert
werden. Eine Investition bzw. die der Investition zugrunde liegende
Wirtschaftsaktivität gilt in der Taxonomie als nachhaltig, wenn sie
wesentlich zu mindestens einem von sechs Umweltzielen beiträgt
(„substantial contribution“) und keinen erheblichen Schaden im Sinne
der übrigen Umweltziele verursacht („do-no-significant-harm“ - DNSH).
 
Dazu werden Prüfkriterien (Grenzwerte) für ausgewählte
Wirtschaftstätigkeiten für sechs Umweltziele definiert: Klimaschutz,
Anpassung an den Klimawandel, nachhaltige Nutzung und Schutz von Wasser-
und Meeresressourcen, Übergang zu einer Kreislaufwirtschaft, Vermeidung
von Umweltverschmutzung, Schutz und Wiederherstellung von Ökosystemen
und Biodiversität. Die EU-Kommission hat diese Kriterien nun in einem
„delegierten Rechtsakt“ festgeschrieben, der im weiteren Schritt von
Parlament und Rat bestätigt werden muss.


Entwurf für den delegierten Rechtsakt der EU-Kommission: 
https://ec.europa.eu/finance/docs/level-2-measures/taxonomy-regulation-delegated-act-2021-2800-annex-1_en.pdf


NABU-Hintergrundpapier zur EU-Taxonomie: 
https://www.nabu.de/imperia/md/content/nabude/sustainablefinance/210412_nabu_hintergrundpapier_eu-taxonomie.pdf


NABU-Analyse zum ersten Entwurf von November 2020:
https://www.nabu.de/news/2020/11/28997.html




Für Rückfragen:


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