Vielleicht kann sich noch der eine oder andere noch erinnern, dass die
Austro Mechana 2010 sich über ein Urteil des OGH hinweggesetzt und
Urhebberechtsabgaben (URA, neuerdings auch Speichermedienvergütung genannt)
auf Festplatten eingefordert hat. Nicht alle Händler fügten sich der
Forderung, deshalb betrieben die Verwertungsgesellschaften Lobbying in der
Politik und erreichten mit Mitteln, die sich jeder selber denken kann, dass
die SPÖ-Minister Schmied und dann Ostermayer der Abgabe wohlwollend
gegenüberstanden. Nach Verhandlungen der Industrie mit dem Handel - die
Konsumentenvertreter spielten nicht wirklich mit - wurde im Herbst die
Abgabe auf alle Arten von Speichermedien (Festplatten, SD-Karten, USB-Sticks
usw.) gesetzlich gedeckt.

Das neue Gesetz sieht aber auch vor, dass die Verwertungsgesellschaft die
URA zurückzuzahlen hat "an den Letztverbraucher, der Speichermedien zu einem
Preis erworben hat, der die bezahlte Vergütung einschließt, diese jedoch
nicht für Vervielfältigungen zum eigenen oder privaten Gebrauch benutzt oder
benutzen lässt" (Urheberrechtsgesetz=UrhG §42b Abs. 6) und dafür "auf ihrer
Website einen einfachen, verständlichen und für den durchschnittlichen
Nutzer nachvollziehbaren Weg für die Geltendmachung des Rückersatzanspruchs
und der Befreiung von der Zahlungspflicht anzubieten, der eine wirksame
Geltendmachung ermöglicht und mit keiner übermäßigen Erschwernis verbunden
ist" (Abs. 8). Wie sich die Austro Mechana schon nicht ans Urteil des OGH
hielt, hält sie sich nun auch nicht an diese §§, denn auf ihrer Website
www.aume.at ist keine einfache Möglichkeit der Rückerstattung zu finden.
Wenn man genau sucht, findet man Formulare für Firmen, für Konsumenten gibt
es nichts. Und sogar für Firmen ist die Rückforderung kompliziert und
kostspielig (Porto). Ich habe die Austro Mechana darum am 3. Jänner per Mail
um Auskunft gebeten. Es kam schnell eine automatische
Mailempfangsbestätigung, auf eine Antwort warte ich immer noch.

Das betrifft uns als Mapper in vielfacher Hinsicht. Wenn wir eine
Speicherkarte fürs Garmin kaufen, zahlen wir URA an die Austro Mechana. Wenn
wir eine Speicherkarte für die Kamera kaufen, ebenso. Wenn wir ein Handy
kaufen, ditto. Wenn wir die Daten auf die Festplatte kopieren - für die
haben wir ebenfalls URA abgeliefert. Und natürlich brauchen wir Backups -
schon wieder zahlen wir URA. Wir zahlen ununterbrochen an die
Musikindustrie, obwohl wir die Speichermedien überhaupt nicht für Musik
brauchen. Es sind im wesentlichen unsere eigenen Daten, die wir abspeichern.
Wir sind nicht die Datennutzer, sondern die Urheber.

Und das bringt mich zum eigentlichen Grund, warum ich dieses Mail schreibe.
Als Urheber sollten wir durchs neue Gesetz eigentlich nicht zur Kasse
gebeten werden, sondern ganz im Gegenteil etwas von dem Kuchen abbekommen.
Und wenn man bedenkt, dass heute schon auf so gut wie jedem Handy oder Navi
OSM-Daten drauf sind bzw. genutzt werden, dann steht uns nicht nur ein
kleiner Teil des Kuchens zu, sondern ein großer. Es geht um richtig viel Kohle.

OSM ist eine Datenbank und somit nach UrhG §40f Abs. 2 als
Sammelwerk urheberrechtlich geschützt. Nach §6 sind aber zusätzlich auch die
einzelnen Datenbankeinträge (Ways usw.) urheberrechtlich geschützt. Da fragt
sich zunächst, ob diese als "Sprachwerke aller Art einschließlich
Computerprogramme" (§2 Abs. 1), als "Werke wissenschaftlicher oder
belehrender Art, die in bildlichen Darstellungen in der Fläche oder im Raume
bestehen" (§2 Abs. 3) oder als "Werke der bildenden Künste" (§3) einzuordnen
sind. Da Datenbanken keine Computerprogramme sind, sondern bestenfalls
Bestandteil von Computerprogrammen, und ich mich auch nicht als bildender
Künstler fühle, fallen die einzelnen Daten m.E. eindeutig unter §2 Abs. 3.

Wenn OSM-Daten aber in einem Computerprogramm verwendet werden, sind wir
zugleich auch Miturheber dieses Computerprogramms.

D.h. mit dem Hochladen von Daten in OSM werden wir auf dreifacher Weise zu
Urhebern:
1.) als Urheber eines Werkes der Literatur nach §2 Abs. 3
2.) als Miturheber eines Sammelwerks nach §6 bzw. §40f
3.) als Miturheber eines Computerprogramms, also eines Werkes der Literatur
nach §2 Abs. 1.

Der Vollständigkeit halber erwähne ich noch, dass wir bei Veröffentlichung
von Texten im Internet außerdem folgendes sind:
4.) Urheber von Werken der Literatur (Beiträge in Mailinglisten, Webforen,
eigene Webseiten...)
5.) Miturheber von Werken der Literatur (Wikiseiten usw.)

Diese Kategorien entscheiden, welche Verwertungsgesellschaft für uns
zuständig ist. Es gibt nämlich eine ganze Reihe von Verwertungsgesellschaften:

A) Austro Mechana, AKM und LSG vertreten die Musikindustrie
Aa) Austro Mechana kassiert bei Datenträgern
Ab) AKM kassiert bei Radiosendungen, Aufführungen in Lokalen u.dgl.
Ac) LSG kassiert ebenfalls von Lokalen und zusätzlich von Fluggesellschaften
B) Literar Mechana vertritt Autoren und kassiert bei Kopierern, Druckern,
Scannern usw. sowie von Rundfunkanstalten und Kabelbetreibern
C) FAM und VDFS vertreten die Filmindustrie
Ca) FAM kassiert von Fernsehempfängern
Cb) VDFS kassiert bei CDs
D) Bildrecht alias VBK vertritt Bildende Künstler und kassiert bei
Kopierern, Druckern, Scannern usw. (zusätzlich zu den Abgaben für die
Literar Mechana) sowie in jedem einzelnen Fall, wo die Werke dargestellt werden
E) VGR vertritt Rundfunkanstalten

Für Punkt 1 wäre also die Literar Mechana zuständig, und für Punkt 2 ebenso,
weil es sich um quasi um eine Literatursammlung handelt. Für 3, 4 und 5 auch.

Die Literar Mechana hebt zwar nicht direkt Abgaben auf Speichermedien ein,
bekommt aber von der Austro Mechana einen vereinbarten Anteil.

Um nun an Tantiemen zu kommen, muss man erst mal bei der
Verwertungsgesellschaft, also der Literar Mechana, Mitglied werden. Entweder
als Einzelperson oder als Organisation (z.B. Verein OpenStreetMap Austria).
Außerdem muss man das Werk (Openstreetmap?) ins Werkeregister eintragen. Die
Gelder werden nach den Verteilungsbestimmungen
(http://www.literar.at/docs/default-source/downloads/verteilungsbestimmungen.pdf?sfvrsn=20)
auf die Werke bzw. je Werk auf dessen Urheber und Verleger aufgeteilt. Das
größte Problem mit den konkreten Verteilungsbestimmungen ist, dass die darin
noch als Leerkassettenvergütung bezeichnete Speichermedienvergütung nur für
im Rundfunk aufgeführte Werke ausgeschüttet wird. Auch sonst gibt es in dem
ganzen Dokument nichts, was auf Datenbanken oder deren Folgeprodukte passen
würde.

Falls es mit der Literar Mechana nicht klappt, gibt es noch die Möglichkeit,
eine neue Verwertungsgesellschaft zu gründen. Dazu braucht man eine
Betriebsgenehmigung durch die Aufsichtsbehörde für
Verwertungsgesellschaften. Weiteres siehe Verwertungsgesellschaftengesetz
(VerwGesG). Es ist sicher um so chancenreicher, je mehr potenzielle
Mitglieder angesprochen werden, z.B. mit einer Verwertungsgesellschaft
generell für Datenbanken statt nur für OSM.

Habt ihr euch zu dem Thema schon Gedanken gemacht, habt ihr Lust in der
Sache aktiv zu werden, und wenn ja, mit welcher Strategie?

-- 
Friedrich K. Volkmann       http://www.volki.at/
Adr.: Davidgasse 76-80/14/10, 1100 Wien, Austria

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