Liebe Gisa Funck,

als Privatmensch tendiere ich auch zur Zurückhaltung (ich habe sieben Jahre in Japan gelebt während der 1990er Jahre und habe dort viele Verwandte und Freunde); als Publizist jedoch ist es mir ein wichtiges Anliegen, nicht stillzuhalten während die Massenmedien den Vorfall spektakularisieren und der privatwirtschaftliche Sektor sich daran macht, die Situation für seine Interessen auszunutzen. Es geht darum eine Gegenöffentlichkeit herzustellen, dazu beiuztragen, dass eine Gegenmacht entsteht.

Wie unsere Aktion den Menschen vor Ort hilft? Ich denke darauf gibt es viele Antworten, eine davon ist: wir können dazu beitragen, die Menschen vor Ort, die über das Ausmaß der Katastrophe im Unklaren gelassen werden, aufzuklären. Wir liefern dazu ein konzeptuelles Gerüst und konkrete Hinweise für politische Zusammenhänge. Auch unser Beitrag kann nur ein Beitrag unter vielen sein und beansprucht entsprechend nicht mehr als er realistischerweise leisten kann.

ich danke jedenfalls für das Feedback, die Gedanken, die es mir/uns bereitet werden wir in die Erweiterung des Thesenpapiers einbinden-

Viele Grüße,

Krystian Woznicki

http://berlinergazette.de/7-thesen-zum-erdbeben-in-japan-live-internet-crowdsourcing-und-der-disaster-capitalism-complex/


On 15.03.2011 12:14, gisa.fu...@gmx.net wrote:
Lieber Krystian,

sorry, aber ich sehe das genauso wie Bernd. Zumindest könnte man sich als
Journalist und "Kulturschaffender" trotz aller superintellektuellen (und oft
genug auch angemessenen) Assoziationsfähigkeit vielleicht ja auch mal
fragen, ob Schweigen angesichts humanitärer Katastrophen wie in Japan nicht
tatsächlich auch ein Zeichen von Pietät ist. Bringen deine Thesen zur
"grenzüberschreitenden Öffentlichkeit" etc. den Opfern dort und uns hier
wirklich irgendeinen (tröstlichen, mitfühlenden) Erkenntnisgewinn?! Oder ist
es - hart gesprochen - nicht doch auch sogar ziemlich zynisch, selbst bei
einer schreckliche Naturkatastrophe immer noch nach dem journalistischen,
intellektuellen "Dreh" zu suchen, um toll klingende "crowdsourscing"- oder
sonstwie Medienthesen mit dem Gau in japan zu verknüpfen??! WDR 5 ist
übrigens genau der sender, bei dem auch Kultur(-politische) Programme wie
"politikum" ständig alles nochmal thematisch "neu" unter dem kulturellen
Blickwinkel aufbereiten, was die aktuellen Nachrichtenkollegen schon alle
vorgekäut haben, schöne Grüße aus Köln - Gisa Funck.



Am 15.03.11 11:24 schrieb "Krystian Woznicki" unter<k...@berlinergazette.de>:

Hallo Bernd,

je größer die Katastrophe, desto größer die grenzüberschreitende
Öffentlichkeit (These 0); in Zeiten des Live-Internet ist diese
Öffentlichkeit nun nicht mehr primär passiv, sondern tendenziell aktiv
eingebunden in das Live-Geschehen: die neue Anteilnahme ist Teilnahme
(These 1).

Ich habe inzwischen These 5 erweitert.

Sie wird heute um 18:05 Uhr auf WDR 5 in der Sendung Politikum gesendet,
wir aktualisieren das auch im Thesenpapier als bald möglich.

Viele Grüße,

Krystian

http://berlinergazette.de/7-thesen-zum-erdbeben-in-japan-live-internet-crowdso
urcing-und-der-disaster-capitalism-complex/


On 14.03.2011 13:10, Bernd Brincken wrote:
Hallo Krystian,

On 14.03.2011 12:20, Krystian Woznicki wrote:
...
ich habe ein paar Thesen zum Erdbeben in Japan aufgestellt:
http://berlinergazette.de/7-thesen-zum-erdbeben-in-japan-live-internet-crowd
sourcing-und-der-disaster-capitalism-complex/

Die Politik und die Abstraktion in allen Ehren, aber warum man,
angesichts einer Naturkatastrophe dieser Größenordnung, wortreich eine
kultur-philosophische Evidenz hervorholen muss, verstehe ich nicht ganz.
Irgendwie hängt ja alles mit allem zusammen, aber der Bezug zu
Crowdsourcing und "Prozessjournalismus" ist da schlicht zu weit
hergeholt.

Gruß /



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