Zunächst mal denke ich nicht, dass hier aktuell eine Gefahr einer Kontrolle von Teilen von OSM durch Unternehmen besteht in dem Sinne, dass über diesen Weg das Management von Mapbox konkret versuchen könnte, das Mapping in OSM in eine bestimmte Richtung zu steuern.
Ich denke der Einfluss von Mapbox äußert sich vor allem darin, dass sie Bryan mit seinen Vorstellungen und Präferenzen - die vermutlich gut zu den Zielen von Mapbox passen - für diese Aufgabe ausgewählt haben und vermutlich weniger dadurch, dass da konkrete Anweisungen zu Einzelentscheidungen erteilt werden. Was ich allerdings durchaus auch sehe ist ein zunehmender Trend, dass wesentlich Projekte in OSM zunehmend von einer "selbstgekrönten" technokratischen Elite dominiert werden, für die die Arbeit daran nicht mehr Mittel zum Zweck ist, eine bestimmte Funktion für OSM zu erfüllen, sondern für die diese Arbeit zunehmend von OSM selbst abgekapselt ist und deren Hauptziel garnicht mehr ist, einen Dienst oder eine Infrastruktur für die OSM-Community zu offerieren, sondern für die der Erhalt der eigenen Position als technokratische Elite (und oft halt dann auch mit dem entsprechenden Gehaltsscheck) zum Selbstzweck wird. Wie ich ja neulich auf der englischen mailing-Liste angedeutet hatte, sehe ich eine ähnliche Entwicklung aktuell beim Wiki wo ebenfalls eine kleine Gruppe von Leuten versucht, durch die Einführung zunehmend technisch komplexer Verfahren in der eigentlich ja völlig egalitären Struktur des Wiki eine Herrscherklasse einzurichten, welche das Ganze mit technischer Unterstützung durch Algorithmen verwaltet und sich durch die speziellen hierfür notwendigen Kenntnisse unersetzlich macht. Dahinter steht jetzt vermutlich nicht ein bösartiger langfristiger Plan zur Weltherrschaft, sondern das ist schlicht aus dem Eigeninteresse der Leute heraus die logische Herangehensweise. Dies ist denke ich eine Entwicklung, die in OSM aufgrund der wachsenden Größe und Bedeutung des Projektes schon fast zwangsläufig war. Es ist ja noch gar nicht so lange so, dass Leute auf Grundlage ihrer Arbeit in einem Projekt nur für OSM ihren Lebensunterhalt bestreiten können. Ich sehe da zwei wesentliche Ansätze, dem entgegen zu wirken: 1) Die bestehenden Strukturen zur Kontrolle und Regulierung nutzen. Fast alle Nutzer von iD nutzen diesen über osm.org. Aber während wir eine recht klare Policy dafür haben, was für Karten-Layer auf osm.org eingebunden sein können (https://wiki.openstreetmap.org/wiki/Featured_tile_layers/Guidelines_for_new_tile_layers) gibt es für Editoren nichts analoges. Das könnte man ändern und so relativ klare Rahmenbedingungen setzen. Insbesondere die Tatsache, dass da jemand das Projekt mit leitet, der für diese Arbeit von jemandem anonym bezahlt wird, geht meiner Meinung nach überhaupt nicht. Schon rein aus Sicherheits- und Haftungs-Überlegungen würde ich vorschlagen, die iD-Instanz auf osm.org umgehend auf die letzte Version zurückzusetzen, bevor diese Person commit-Rechte im iD-Repository erhalten hat. 2) Die Mapper in OSM müssen sich mehr außerhalb des Mappings selbst sozial und politisch im Projekt engagieren. Ohne ein solches Engagement kann das Projekt langfristig nicht funktionieren und was ich auf der politischen Ebene (OSMF und FOSSGIS) derzeit sehe ist da ziemlich dünne. Und auf der sozialen Ebene sind Programmierer da oft deutlich engagierter dabei, mitzugestalten und dabei natürlich auch ihre Interessen zu artikulieren - und zwar nicht nur solche, die für ihre OSM-Arbeit bezahlt werden. Mapper haben da erheblichen Nachholbedarf. Ich habe manchmal den Eindruck, dass ein nicht unerheblicher Teil der Mapper mit der bei OSM traditionell was Tagging und Anderes angeht ja existierenden Anarchie und Entscheidungsfreiheit eher unzufrieden sind und sich im Grunde irgendwie eine autoritäre Herrscher-Elite wünschen würden, die mal aufräumt und klare Strukturen schafft. Anders ausgedrückt: Ich denke, dass mit den diskutierten Entwicklungen durchaus auch Interessen innerhalb der Hobby-Mapper-Community bedient werden, dass dies also nicht nur als ein externer Einfluss in eine Richtung gegen die Interessen der Mapper gesehen werden sollte. -- Christoph Hormann http://www.imagico.de/ _______________________________________________ Talk-de mailing list Talk-de@openstreetmap.org https://lists.openstreetmap.org/listinfo/talk-de