Hallo Knittl,

Knittl ſchrieb am 13.02.2010 17:07 Uhr:
um wieder meine unwissenheit bekanntzugeben :)

Kein Problem, das Wahlverfahren ist durchaus nicht-trivial, weshalb gibt es hier keine dummen Fragen, sondern nur dumme Antworten :).

Aber noch eine kleine WARNUNG: Wer nicht tiefer in das Wahlverfahren bzw. die Auszählung einsteigen und eventuelle Kopfschmerzen vermeiden möchte, sollte ab hier damit aufhören, diese E-Mail zu lesen. ;)

wenn ich die schulze-methode richtig verstanden habe (ausspielen aller 
kandidaten gegeneinander, der mit höhrer wertung gewinnt),

Ja, das ist die prinzipielle Grundidee aller Condorcet-Verfahren: wenn es einen Condorcet-Sieger (also einen Kandidaten, der gegenüber allen anderen Kandidaten mehrheitlich bevorzugt wird) existiert, gewinnt der auch. Richtig tricky wird’s erst, wenn es den nicht gibt … dann beginnt der kompliziertere Teil des Wahlverfahrens, in dem sich die verschiedenen Condorcet-Methoden unterscheiden (und Schulze allgemein als die ›beste‹ Lösung angesehen wird).

  hieße das dann, dass bei einer wertung wie folgt:

a1. A
[IMLIZIT VON MIR ERGÄNZT: a2. B C D]

gegen

b1. A
b2. B
b3. C
b4. D

und gegen

c1. A
c2. C
c3. D
c4. B

Also im vorliegenden Beispiel gewinnt ganz eindeutig A, da er von allen allen anderen Varianten vorgezogen wird!

B von wahl a gegen b von wahl c gewinnt?

Das verstehe ich nicht ganz, es kann nur einen Sieger geben, und das ist hier A! Aber grundsätzlich werden aber auch *nicht* die Stimmabgaben unteinander ›ausgefochten‹ (also Dennis vs. Knittl, … Knittl vs. Pascal), sondern es wird erstmal insgesamt summiert und das dann ausgewertet. Im Deinem Beispiel ergibt sich die »paarweise Vorzugsmatrix« (bitte eine dicktengleiche Schrift einstellen!)

→ A B C D
A - 3 3 3
B 0 - 1 1
C 0 1 - 1
D 0 1 - 0

Und die wird dann ausgewertet.

will ich also nicht, dass ein gewisser kandidat nach vorne kommt, bringe ich 
meinen stimmzettel in eine totale ordnung, da sonst alle »mir-egal«-kandidaten 
einfach auf platz 2 in meiner wertung kommen.

Hey, jetzt kommen schon die ersten Fragen nach der taktischen Stimmabgabe auf ;). Natürlich hat der einzelne natürlich keine Möglichkeit, einen Kandidaten komplett aus dem Rennen zu kicken, aber Du kannst schon ganz bewusst ›gegen‹ einen Kandidaten stimmen:
Finde-ich-absolut-Super
… andere Alternativen, ›geordnet‹ oder auch ein paar gleich gewertet, wie auch immer…
Mag-ich-ganz-und-gar-überhaupt-nicht-Weltuntergang

Grundsätzlich gilt aber: Das ganze Verfahren basiert auf dem paarweisen Vergleich von Alternativen, also: Desto genauer Du da Deine Vorlieben ausdrückst, desto stärken schlagen sie sich auch in der Auswertung nieder – falls es denn zum »Kampf« zwischen diesen Alternativen kommen sollte! Wie ich eben im Wiki (für den Fall mit zehn Kandidaten) ergänzt habe:
Du kannst dir das so vorstellen: Deine erste Präferenz ziehst du allen folgenden neun Möglichkeiten vor, sie hat also quasi ein Gewicht der Stärke 9. Deine zweite Präferenz ziehst du immerhin noch acht Möglichkeiten vor, sie hat somit ein Gewicht der Stärke 8. Insgesamt kannst du damit gewissermaßen bis zu 9+8+7+6+5+4+3+2+1=45 Stimmen vergeben, aber hier hast du nur 9 vergeben!
Habe ich mich da klar genug ausgedrückt? Generell gilt: Desto genauer Du abstimmst, desto besser.

ist das beabsichtigt,

Ja, es ist bei diesem Verfahren vollkommen beabsichtigt, dass der Wähler seine Wünsche recht genau formulieren kann!

Man kann also durchaus so etwas wie

Krude-Minderheitsvariante-1
Krude-Minderheitsvariante-2
Hauptvariante-2
Hauptvariante-3
[…]

wählen – selbst wenn sich die von Dir absolut bevorzugten Minderheitenvarianten nicht durchsetzten, kannst Du so trotzdem noch mitabstimmen, ob jetzt am Ende Hauptvariante Zwei oder Drei das Rennen macht!

oder einer der angemerkten konstruierbaren sonderfälle und paradoxien?

Nein, die haben wir noch gar nicht angesprochen! Das tritt erst bei Nichtexistenz eines Condorcet-Sieger auf, also bei wechselseitigen zyklischen Domminanzstrukturen (eine Mehrheit findet A besser als B, B besser als C, C besser als A, und alle finden A,B,C besser als den Rest). Dann beginnt der lustige Teil (der mit den Kopfschmerzen). Wenn aber genug Leute mitwählen, sollte so etwas aber hoffentlich erst gar nicht auftreten.

ODER hab ich die ganze schulze-methode nur nicht verstanden? ;)

Keine Ahnung, ich weiß ja noch nicht mal, ob ich sie richtig verstanden hab’ ;).



Viele Grüße,
Dennis-ſ

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