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Aufruf zu Publikationen

Theme: Redefreiheit und Kritik
Subtitle: Müssen wir alles tolerieren, was andere sagen?
Publication: Zeitschrift für Praktische Philosophie
Date: Schwerpunktnummer (Dezember 2022)
Deadline: 1.8.2021

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Obwohl das universelle Recht auf Redefreiheit gemeinhin fordert, dass
jede rechtlich zulässige Äußerung als Ausdruck der Meinung des*der
Sprecher*in toleriert werden muss, wird Toleranz von der Ethik nicht
unbedingt gefordert – oder doch? Dieser Frage soll sich der
Schwerpunkt der Zeitschrift für Praktische Philosophie (ZfPP) widmen:
Führt das universelle Recht auf Redefreiheit dazu, dass gesetzlich
legitime Äußerungen (wie Bekundungen zu Vorlieben, Falschaussagen
oder bestimmte diskriminierende Formulierungen) unbedingt toleriert
werden müssen und unter gar keinen Umständen kritisiert werden
dürfen? Diese Frage ist nicht nur aus philosophischer Sicht von
großem Interesse, sondern auch von enormer Wichtigkeit angesichts
aktueller, oftmals hitziger Diskussionen um „Political Correctness“,
„Meinungsdiktaturen“, „Gesinnungstotalitarismus“, „Tugendterror“ und
„Cancel Culture“. Zunehmend mehr Menschen sehen sich etwa in Europa
und in den USA eingeschränkt von „Meinungskorridoren“ und umgeben von
„Moralaposteln“ oder der „Lügenpresse“ und daher in der Pflicht, auf
alternative Wahrheiten aufmerksam zu machen oder dazu aufzurufen,
einfach mal „querzudenken“. Nicht selten wird dabei Kritik an
bestimmten Positionen geübt und im Namen der Meinungsfreiheit
zugleich Kritik an der eigenen Meinung zurückgewiesen. Offenbar
besteht Klärungsbedarf in Bezug darauf, ob und, wenn ja, wann Kritik
ebenso wie ihre Zurückweisung berechtigt sind. Hierzu sollte
insbesondere der Zusammenhang zwischen dem universellen Recht auf
Redefreiheit, dessen gesetzlicher Kodifizierung und den ethischen
Anforderungen, denen Redebeiträge und deren Kritik unterstehen,
eingehender beleuchtet werden.

Fragen, denen sich die Beiträge des Schwerpunktes widmen können, sind
beispielsweise:

- Wie lässt sich ein universelles Recht auf Redefreiheit begründen?
Wie verhalten sich Rede-, Meinungs- und Gedankenfreiheit zueinander?

- Wie verhält sich die Idee eines universellen Rechts auf
Redefreiheit und der Maßstab der Wahrheit/Wahrhaftigkeit der Rede
zueinander? Lassen sich aus dem universellen Recht, auch
Irreführendes, Abergläubisches oder Polarisierendes zu äußern,
universelle Rechte etwa auf Irreführung oder auf rhetorische
Instrumentalisierung des Gesagten ableiten? Wie wären diese zu
konkretisieren? Was spräche gegen eine solche Ableitung?

- Mit dem Recht auf Redefreiheit scheint ein Recht auf Achtung
der*des Sprechenden und des Gesagten einherzugehen. Was umfasst
dieses Recht auf Achtung konkret? Wann läge eine Missachtung der*des
Sprechenden und des Gesagten vor?

- Was bedeutet Toleranz in diesem Zusammenhang und wie weit reicht
sie? Beinhaltet die Idee der Toleranz, dass überhaupt keine Kritik
geübt wird? Oder kann sich Toleranz auch in einer bestimmten Form der
Kritik zeigen? Inwiefern gibt es Unterschiede oder gar Spannungen
zwischen Toleranz als juridischem und als ethischem Konzept?

- Wann ist es angemessen, Kritik an dem, was andere sagen, zu üben,
und vor allem in welcher Form? Schließlich kann etwas für
kritikwürdig gehalten werden, ohne dass notwendigerweise folgt, dass
eine bestimmte Person diese Kritik unter allen Umständen oder auch
auf jede erdenkliche Weise äußern darf. Was sind mögliche ethischen
Kriterien, um berechtigte und unberechtigte Kritik voneinander zu
unterscheiden? Wann etwa liegt die Stigmatisierung anderer Meinungen
oder auch deren Unterdrückung vor?

- Gibt es unter bestimmten Umständen eine Pflicht zur Kritik? Könnte
manchmal Diskursverweigerung eine angemessene Form der kritischen
Reaktion sein; warum?

- Hat man bisher unter Pluralismus Wertpluralismus verstanden, so
steht heute auch die Forderung nach einem Faktenpluralismus im Raum.
Wie gehen philosophische Strömungen wie Liberalismus und Pluralismus
mit der Position um, dass es in einer Demokratie zwar viele Meinungen
geben dürfe (und eine Vielfalt vielleicht sogar konstitutiv für die
Demokratie ist), aber dass nicht allen Meinungen gleichermaßen
Geltung zukommen kann? Gibt es Grenzen des Wert- und
Faktenpluralismus? Ist Kritik als Form der Einmischung in das, was
andere tun und sagen, mit Liberalismus und Pluralismus vereinbar?

Forscher*innen aus der Ethik (der Kommunikation), der
Erkenntnistheorie, der Politischen Philosophie und der
Rechtsphilosophie werden gebeten, sich mit Abstracts (max. 170
Wörter) bis zum 01.08.2021 an die Herausgeberin des Schwerpunkts
(christiane.tu...@gmail.com) zu wenden.

Deutschsprachige Beiträge sind unter Beachtung der Vorgaben der ZfPP
bis zum 15.02.2022 über die Website der Zeitschrift einzureichen:
https://www.praktische-philosophie.org/aufsaetze.html

Alle geeigneten Beiträge durchlaufen nach Prüfung durch die
Schwerpunktherausgeberin ein doppelblindes Begutachtungsverfahren.
Die Publikation des Schwerpunktes ist für Dezember 2022 geplant.

Herausgeberin des Schwerpunkts:
Christiane Turza (Leipzig)
E-Mail: christiane.tu...@gmail.com

Website der Zeitschrift:
https://www.praktische-philosophie.org





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