Stefan Heidenreich schrieb: > Auf die Gefahr hin, mich einmal mehr unbeliebt zu machen - > hier die unredigierte Version eines Artikels, der in der > Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung am 27.1. erschien.
Vielen Dank dafür. Ein paar Anmerkungen seien erlaubt, die allerdings, soviel vorweg, nur Anmerkungen sind. N > Medienkunst? Es gibt viele Künstler, die mit vielerlei Medien arbeiten. > Wenn man Malerei als ein Medium ansieht, findet sich kein Künstler, der > nicht in einem Medium tätig sein würde. Ich muss zugeben, bereits an dieser Stelle mir die Frage zu stellen, wie die Gleichung "Wenn Malerei ein Medium, dann arbeitet jeder Künstler in einem Medium" funktionieren soll. These? Argument? Irgend etwas wurde hier verdichtet, was das Gefühl der Lücke hinterlässt. > Springen wir an den Anfang der Geschichte. Die meisten Dinge und Geräte, > die man als Medien bezeichnet, brachte das 19. Jahrhundert hervor. Der > Beginn der Moderne fällt in dieselbe Zeit wie die Erfindung der > Fotografie. Und zwar nicht ohne Grund. Denn damit verbindet sich ein > Ausschluss, der sich als wegweisend herausstellt und für das eigenartige > Verhältnis von Medien und Kunst verantwortlich ist. Um 1860 gelingt es > den Malern, das Museum als ihren angestammten Ort zu verteidigen. > Fotografie findet dort vorerst keinen Platz und damit auch keinen Platz > in der Kunst. Seitdem steht Kunst zu allen Techniken der Reproduktion > auf dem Kriegsfuß und kann deren Erzeugnisse nur in limitierten Auflagen > ertragen. Das führt dazu, dass Preis für Kunst sich nicht auf einem > Markt reproduzierbarer kommerzieller Massenprodukte bildet, sondern in > einem sehr diffizilen Geflecht von Kennerschaft und Kunsthandel. Kunst > ist damit weitgehend unabhängig von neuen Technologien der Reproduktion > und Distribution, sprich von neuen Medien. Nun ist das hier verhandelte Kunst-Modell der Malerei vielleicht etwas zu verklärt geraten. Die strenge Ökonomie des Kunst- bzw. Malereimarktes gleicht bei genauerem Hinsehen doch erstaunlich einem Börsenmarktplatz. Hier wird fernab jeglicher Benjaminscher Aura, die eben jene Malerei besitzen sollte, geschätzt, gefeilscht, gesammelt, in Kammern eingelagert, gehofft, aufgekauft, verkauft und abgestoßen. Guggenheims überdimensionierte nicht einsehbare Lager sind da sicher nur ein billiges Beispiel. > Warum und wann also kamen die Medien zur Kunst zurück, nachdem sie > einmal ausgeschlossen waren? Auch wenn ich der Argumentation durchaus folgen kann, drängt sich der Verdacht auf, dass Kunst hier argumentativ quasi synonym und gleichzeitig exklusiv zur Malerei verhandelt und damit das mögliche Resultat der Argumentation bereits a priori als Axiom vorweggenommen wird. > Dass die technischen Neuerungen der jüngeren Zeit die Kunst nicht im > Kern verändern, zeigt der fortgesetzte Erfolg der alten Medien Malerei, > Zeichnung oder Skulptur. ... was mehr und mehr zu der Frage führt, was nun eigentlich unter "Kunst" geführt werden sollte. > zu übernehmen, machen die italienischen Futuristen. Vieles davon findet > Widerhall in den Avantgarden der 20er Jahre, vom Konstruktivismus zum > Bauhaus. Durchaus. Verharrt man in den 30ern, findet man folgende prominente Stelle: "Denn sie bereiten die Erkenntnis, die hier entscheidend ist, vor: die technische Reproduzierbarkeit des Kunstwerks emanzipiert dieses zum ersten Mal in der Weltgeschichte von seinem parasitären Dasein am Ritual. Das reproduzierte Kunstwerk wird in immer steigendem Maße die Reproduktion eines auf Reproduktion angelegten Kunstwerks". (Benjamin, Das Kunstwerk im Zeitalter seiner technischen Reproduzierbarkeit) Eben jenes auf dem Ritual basierende Kunstwerk scheint im Artikel den Kunst-Begriff entscheidend zu prägen. Das tut der Kritik des Medienkunst-Begriffes sicher keinen Abbruch, setzt das Argument jedoch zu leicht dem Vorwurf des - im negativen und vielleicht auch Benjaminschen Sinne - Tradierten aus. > Technologien zu einer Inflation von Banalitäten. Medienkünstler plappern > technophile Slogans von der Simulation bis zum Virtuellen nach und > verlieren sich in haltlosen Experimenten an Schnittstellen und > Computer-Kitsch. Danke, das trifft es. Wenn auch dem Experiment das "Haltlose" zugestanden werden sollte. Von der verklärten Sicht des zielgerichteten Experiments verabschiedet man sich. > Heute ändert sich die Lage der Medien dramatisch. Sie verändert sich, wie seit tausenden Jahren. Aber tut sie das dramatisch? War es nicht dramatisch, die Einführung der Telegraphie zu beobachten? Neil Postman würde emphatisch nicken, sei doch der Untergang des Abendlandes nicht zuletzt daran festzumachen. War es die Einführung des Radios? Der Ton-Kassette? Des Buchdruckes? Der Schreibmaschine? Des Mobiltelefons? Ja. Immer ja. Der folgende Rückgriff auf das Modell der Medienkonvergenz ist absolut nachzuvollziehen, jedoch stellt sich immer die Frage, ob die Feststellung, dass im Digitalen Protokolle, Schnittstellen und Formate offenbar den Medienbegriff ersetzen, so einfach zu unterstreichen ist. Es unterstellt die Behauptung, dass ein Medium manifestierbar ist. Leitungen sind es, Kabel sind es, Protokolle aber nicht? Wenn die Argumentation schon auf der technischen Ebene arbeitet, sollte geprüft werden, ob trotz Konvergenz die Zielebene der neuen technischen Schichten nicht ebenso als Medien verhandelt werden könnte und sollte. > genug gute Kunst, die ganz selbstverständlich Medien einsetzt. Aber es > gibt keine Medienkunst. (... und keine Software.) Der Bruch im Artikel, wenn ich das zusammenfassen darf, ist die (möglicherweise richtige) These und Kritik, Medienkunst sei exklusiv, gleichzeitig aber einer exklusiven Kunst-Begriff zu konstatieren, der letztendlich Exlusivität mit Exklusivität torpediert. Vielen Dank für die Veröffentlichung des Artikels an dieser Stelle, Caspar Clemens Mierau -- Caspar Clemens Mierau leitmedium.de
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