Re: Befreiung der Haushalte, der Behörden, ... von Microsoft-Software (ein Beispiel)
Hi Theo, *; Am 13.05.20 um 14:46 schrieb Theo Schmidt: > Auch kürzlich war das RAID "schuld". Auf einem neueren Laptop liess sich kein Linux installieren und nicht einmal das Windows löschen, weil eine interne SSD mit der Festplatte zu einem Beschleunigungs-RAID verbunden waren, mit unerwarteten Eigenschaften. Ah, sehr schön. Ich kenn diese Konstruktion, wir hatten eine Serie von HP EliteBooks mit diesem Setup. Glücklicherweise sind die weitestgehend ausgemustert mittlerweile... ;) ...In Microsoft Azure kann ich mir performante und hochverfügbare FLOSS-Umgebungen bauen... Vermutlich sind die Azure-Server mindestens im Land und nicht in den USA? Oder spielt das technisch fast keine Rolle mehr? Naja, es hängt immer von den Use Cases ab, aber technisch spielt es mAn selten wirklich eine Rolle. Zwei Punkte: - Du kannst in Modellen wie Azure (das geht auch bei AWS oder Google Cloud) *deutlich* leichter mit großer Hardware experimentieren. Storage mit extrem schnellen SSDs für I/O-intensive Anwendungen? Server mit vielviel RAM und CPUs für Last-Spitzen oder Anforderungen, die kurzzeitig oder dauerhaft viel Ressourcen benötigen? Breitere Internetanbindung, wenn mehr Nutzer auf dem System arbeiten und das Netzwerk in die Knie geht? Alles kein Problem, prinzipiell. *Sicher:* Dort brauchst Du auch bei Azure Geld, und diese Dinge sind *teuer*. Aber insbesondere für vorübergehende Anforderungen sind sie billiger, als sich vergleichbare Server selbst zu kaufen / zu finanzieren, den Prozess (Zeit, Aufwand) des Einkaufs mal gar nicht mit gerechnet. Und: Bei solchen Modellen (das kann auch unser Partner jetzt schon) kann ich allmählich skalieren, wenn ich wachse. Bei unseren eigenen HP-Systemen mit VMWare hatten wir turnusmäßig enorme "Sprung-Aufwände", weil mit dem Erreichen der Hardwaregrenzen meist notwendig waren (a) neue Server, (b) neue oder erweitere VMWare-Lizenzen und (c - im Allgemeinen schlimmster Posten) Aufwand für Migration von Daten und Maschinen. Wenn Du vier Dutzend große VMs und eine mittlere zweistellige Zahl an TB an Live-Storage auf neue Hardware migrieren willst und kaum Downtime haben darfst, ist das ein Projekt, das Dich eine ganze Weile beschäftigt. Über Vergrößerung oder Ersatz einer Internet-Standleitung mit dem Ziel schnellerer Anbindung reden wir in DE lieber gar nicht... - Dadurch, dass die großen Anbieter international unterwegs sind, kannst Du Dinge realisieren, die Du im Selfhosting oder mit "lokalen" Partnern nicht hinbekommst. Eine unserer Schwesterfirmen sitzt in UK, sind um die 50 Leute und betreut Kunden in UK - und Hongkong. An letzterem Standort war die Anforderung, dass die Server-Infrastruktur und die Daten vor Ort zu stehen haben. In Selfhosting auch ein Großprojekt. Mit Azure haben die Kollegen (die anders als wir sehr eng an dem ganzen Microsoft-Stack hängen) faktisch die Dienste in der Admin-UI in die andere Zone "geklickt" - problem solved. In unserem Markt ist Autodesk mit einer Collaboration-Lösung (BIM Field 360) unterwegs, die vor einigen Jahren mit viel Rummel angekündigt wurde - und von vornherein als "BIM 360 powered by Amazon AWS" und dem Subtext: "*Selbstverständlich* werden wir als Autodesk für weltweit operierende Kunden *keine* eigenen Server betreiben. Das ist nicht unser Kerngeschäft und viel zu aufwändig und teuer - wir nutzen Amazon, die können das." Persönlich bin ich nach wie vor der Freund regionaler Partner, bevorzugt solcher, die annähernd gleich groß wie die eigene Organisation sind, weil das gewisse Probleme verhindert, die man mit deutlich größeren Lieferanten durchaus haben kann. Aber in diesem ganzen Dunstkreis habe ich immer massiver die Sorge, dass der europäische IT-Sektor irgendwann gänzlich irrelevant wird - weil wir hier teilweise Firmen haben, die in 2020 immer noch mit Low-Level-Dingen wie File- oder DB-Hosting beschäftigt sind und in nahezu allen relevanten Bereichen überholt werden von (leider vorrangig aus Übersee stammenden) Startups, die auf den großen Cloud-Diensten aufsetzen und dort schnell "in die Gänge" kommen. Um das einzufangen, braucht es nicht mehr Regularien wie die DSGVO, obwohl diese Dinge auch ihre Berechtigung haben. Hier bräuchte es vor allem eine klare Strategie, europäische Alternativen zu Azure, AWS, ... zu fördern in geeigneten organisatorischen Strukturen, aber *genau* derselben Skalierbarkeit und Reichweite. Dort könnte auch FLOSS wieder helfen - Systeme wie eben OpenStack sind zumindest Open Source und könnten hier eine solide, offene technische Grundlage bieten. Aber es braucht "Akteure" (Firmen, große Genossenschaften, .?), die daraus ein Betriebsmodell bauen und entwickeln und das am "Markt" so weit etablieren, dass es konkurenzfähig mit Azure wird. Dort passiert aus meiner Sicht leider viel zu wenig... Viele Grüße, Kristian ___ FSFE-de mailing list FSFE-de@lists.fsfe.org
Re: Befreiung der Haushalte, der Behörden, ... von Microsoft-Software (ein Beispiel)
Am 13.05.2020 um 12:51 schrieb Kristian Rink: Hi Theo; danke für die Erklärung. Ebenso, Kristian! ... weil ein Ausfall des RAID-Controllers und zweier Platten gleichzeitig das RAID-System mitgenommen hat... Hier haben wir eine Gemeinsamkeit. Auch unser LTSP-Server spuckte mit unerklärlichen Fehlern bis wir herausfanden, dass der Hardware-Controller mit einer halb-kaputter Platte dahinter stand. Wir hatten dann noch grosses Glück, dass am Ende nicht die gute Platte mit Inhalt der schlechten überschrieben wurde. Auch kürzlich war das RAID "schuld". Auf einem neueren Laptop liess sich kein Linux installieren und nicht einmal das Windows löschen, weil eine interne SSD mit der Festplatte zu einem Beschleunigungs-RAID verbunden waren, mit unerwarteten Eigenschaften. ...In Microsoft Azure kann ich mir performante und hochverfügbare FLOSS-Umgebungen bauen... Vermutlich sind die Azure-Server mindestens im Land und nicht in den USA? Oder spielt das technisch fast keine Rolle mehr? LG, Theo ___ FSFE-de mailing list FSFE-de@lists.fsfe.org https://lists.fsfe.org/mailman/listinfo/fsfe-de Diese Mailingliste wird durch den Verhaltenskodex der FSFE abgedeckt. Alle Teilnehmer werden gebeten, sich gegenseitig vorbildlich zu behandeln: https://fsfe.org/about/codeofconduct
Re: Befreiung der Haushalte, der Behörden, ... von Microsoft-Software (ein Beispiel)
Hallo Roland, *; Am 13.05.20 um 13:38 schrieb Roland Hummel: Die Frage wäre nun für mich (ohne Ironie): Ist das dann die Freiheit, die Freie Software ursprünglich mal meinte/wollte? Hat die FSFE dann ihr primäres Ziel erreicht? Das ist eine interessante Frage... ;) ... und aus meiner Sicht die Zuspitzung des Diskurses "Open Source" vs. "Software Libre". Meine Antwort wäre "nein, ganz im Gegenteil". Dort gibt es ja noch andere Schwierigkeiten, etwa: Würde es Facebook, Google, Amazon heute geben, hätte es "damals" kein Software Libre gegeben, sondern nur Microsoft, Windows NT, ASP, SQL Server und den IIS? Die Kehrseite von FLOSS hier: Eine große Menge von Enthusiasten und Idealisten wird zu unbezahlter Workforce für große Konzerne und in einem Geschäftsmodell, in dem (anders als bei proprietärer Software "in der Box") die GPL als Lizenz eher nutzlos ist. Eigentlich ist die AGPL derzeit die weit wichtigere Lizenz - und die wird unter Umständen auch durch Modelle wie "FLOSS-Hosting auf Azure" wieder ausgehebelt. Mich würde entlang dessen interessieren, wie viele Menschen sich im FSF(E)-Umfeld überhaupt mit solchen Themen beschäftigen. In vielen Diskussionen erlebe ich hier immer noch einen sehr ausgeprägten Fokus auf eigenen Servern, Linux-Desktops und dergleichen, was zumindest in meinem eng begrenzten Mikrokosmos eher nachrangige Bedeutung hat. Viele Grüße, Kristian ___ FSFE-de mailing list FSFE-de@lists.fsfe.org https://lists.fsfe.org/mailman/listinfo/fsfe-de Diese Mailingliste wird durch den Verhaltenskodex der FSFE abgedeckt. Alle Teilnehmer werden gebeten, sich gegenseitig vorbildlich zu behandeln: https://fsfe.org/about/codeofconduct
Re: Befreiung der Haushalte, der Behörden, ... von Microsoft-Software (ein Beispiel)
Hallo Theo und Kristian, On 5/13/20 11:42 AM, Theo Schmidt wrote: > Fazit: es ist immer ein politischer Entscheid, ob man die übliche > Komfortlösungen wählt und dabei z.B. die Weltraumpläne von Jeff Bezos > unterstützen will, oder sich mit lokalen Individuallösungen abmüht. Und > beim Energieverbrauch kann ich mir nicht vorstellen, dass auch die > effizientesten Green-IT Cloud-Lösungen sparsam sind, wenn man die ganze > Infrastruktur des Internets einrechnet, besonders wenn es dann noch > drahtlos gehen soll, wie immer mehr gefordert wird. On 5/13/20 12:51 PM, Kristian Rink wrote: > ... > Finally: Als Unternehmen komme ich hier in Handlungszwang - nicht nur > politisch, sondern auch wirtschaftlich in zweierlei Dimension. Zum einen > bieten Azure, Google, ... teilweise Preismodelle an, mit denen lokale > Partner schlecht mithalten können. Zum anderen aber wird der > Konkurrenzdruck deutlich größer, weil Marktbegleiter in die eigene > Nische eindringen und deutlich wirkungsvoller sein können, wenn sie > gleich auf derartige Technologien aufsetzen und fokussiert und schnell > vorgehen können, ohne die Steine aus dem Weg räumen zu müssen, mit denen > wir uns in der Vergangenheit und teilweise noch Gegenwart herumschlagen > mussten. Ersteres ist nur nervig, zweiteres potentiell ruinös. Und in > dieser Gemengelage bewegt sich anno 2020 die Idee von "Software Libre" > und teilweise eine unscharfe Abgrenzung zwischen "Freier Software", > "Nachhaltigkeit", "digitaler Unabhängigkeit" und Selfhosting (teils auch > vor einem "es-war-schon-immer-so"-Hintergrund). Und ich denke eben, > konkret mit Blick auf Azure und FLOSS-Stacks dort drin, dass zurzeit > FLOSS nicht hilft, solche Probleme einzufangen - ganz im Gegenteil. Mit > Azure verdient Microsoft an Freier Software, während gleichermaßen ein > "Libre-" oder auch nur "unabhängiges" vergleichbares Hosting in dieser > Ausbaustufe fehlt. Ich kann perfekt "FLOSS" nutzen und trotzdem einen > Monopolisten unterstützen. Deswegen denke ich mehr als nur einmal, in > 2020 wäre Lösung genau dieses, des Hosting-Problems, mit mehr Fantasie > als nur "Eigenbetrieb" oder Genossenschaft (wobei letzteres Modell schon > mal gut ist) deutlich wichtiger in der Diskussion als die Frage nach den > Lizenzen für den Source-Code... danke für die sehr eindrücklichen persönlichen und daher für mich besonders aufschlussreichen Erfahrungsberichte anderer Lebenswirklichkeiten. Im Anschluss an Kristians Abschlusspassage stellt sich mir folgende Frage vor folgendem Gedankenspiel: Mal angenommen, die FLOSS-Bewegung hat es erreicht, dass FLOSS zur nicht mehr hinterfragten Selbstverständlichkeit geworden ist (bspw. wie die Inhaltsangaben auf Nahrungsmittelverpackungen). Zugleich hat unser Wirtschaftssystem dazu geführt, dass aus den aktuellen großen IT-Monopolisten durch offizielle Fusionen oder stillschweigenden Absprachen oder Firmen wie Black Rock, die bei diesen IT-Konzernen zum größten Anteilseigner werden, faktisch ein einziger geworden ist (wie gesagt: nur mal angenommen). Dieses Konstrukt entwickelt und "provided" nun alles, womit weltweit gearbeitet wird (es finanziert auch entsprechende ThinkTanks, die für neue Ideen sorgen, um disruptive Entwicklungen sofort einverleiben zu können). Eigenentwicklungen sind nach wie vor möglich, macht aber niemand, weil die Wettbewerbsstandards Einzelwegen keine Chance lassen, auch nur ansatzweise mit dem Rest mitzuhalten, schon allein, weil die FLOSS-Projekte zu riesig und die Standards zu komplex sind, um sie mit kleinen Kollektiven zu forken. Die Frage wäre nun für mich (ohne Ironie): Ist das dann die Freiheit, die Freie Software ursprünglich mal meinte/wollte? Hat die FSFE dann ihr primäres Ziel erreicht? Gruß Roland signature.asc Description: OpenPGP digital signature ___ FSFE-de mailing list FSFE-de@lists.fsfe.org https://lists.fsfe.org/mailman/listinfo/fsfe-de Diese Mailingliste wird durch den Verhaltenskodex der FSFE abgedeckt. Alle Teilnehmer werden gebeten, sich gegenseitig vorbildlich zu behandeln: https://fsfe.org/about/codeofconduct
Re: Befreiung der Haushalte, der Behörden, ... von Microsoft-Software (ein Beispiel)
Hi Theo; danke für die Erklärung. Ich kenne ähnliche Situationen, habe meine eigene Geschichte und sehe andere Problempunkte - eben einige der schon beschriebenen: Ehemals "Admin", dann IT-Leiter in einem KMU, das einen datenintensiven, sehr branchenspezifischen Nischendienst anbietet. Wir waren auf den Servern immer Linux, auf den Clients immer Windows, weil viele der Fachanwendungen in der Nische (CAD, Planungssoftware) nicht unter Linux verwend- oder ersetzbar sind. Wir haben im Grunde "full stack" alles in der Hand vom Blech bis hin zu den Fachanwendungen, die die Dienste für Nutzer intern und extern bereitstellen. Mehrwert schaft die Entwicklung (Programmierung) spezifischer Lösungen innerhalb der Nische mit relativ schmalen Margen. Betrieb der darunterliegenden Infrastruktur war und ist schon immer "nur" Kostenpunkt gewesen, etwas, was eben einfach notwendig, aber schlecht optimierbar war. Über lange Zeit haben wir das mit PC-Infrastruktur bewältigt, bis das schlicht aus Stabilitätsgründen nicht mehr funktioniert hat - die PCs, Laufwerke, irgendwann auch Netzteile sind unter der 24x7-Last schlicht ausgestiegen. Wir haben mehrfach pro Monat Backups zurückgesichert und immer mal wieder Daten verloren, weil Dinge kaputtgegangen sind. Irgendwann haben wir "richtige" Server gekauft, Blech und Storage von IBM. Mit Support, dafür aber eben auch mit "anderen" Linux-Distributionen. Wenn man next-business-day - Hardwaresupport vor Ort will, will die IBM kein Debian, sondern RedHat oder SuSE. Also Wechsel der Distribution, mit hinreichend komplexem Umbau von Backup, Hosting der Anwendungsserver, ... . Das hat immer mehr und immer massiver Zeit gefressen, und die Software-Entwicklung für Kundenprojekte, die *eigentlich* unser Geschäft sind, wurde zunehmend Nebenbeschäftigung hinter der Betriebssicherung der Infrastruktur darunter. Erste Virtualisierungs-Versuche mit VMWare sind grandios gescheitert, weil die VMWare-Infrastruktur damals (erste oder zweite Version von ESXi Server) viel zu inperformant für unsere Anforderungen war. Irgendwann zwischendrin ist uns die CentOS/IBM-Infrastruktur zusammengebrochen und wir hatten mehrere Tage Downtime, weil ein Ausfall des RAID-Controllers und zweier Platten gleichzeitig das RAID-System mitgenommen hat. An diesem Punkt bin ich aus dem Urlaub zurückgefahren in der Erkenntnis: Das Linux-System ist sehr effizient und leistungsfähig - aber es gab damais in unserem Umfeld (außer mir) niemanden, der wirklich imstande war, das in seiner Gänze zu überblicken. Irgendwann gab es einen zweiten Versuch mit VMWare und HP-Servern, der dann gut funktioniert hat und lang gelaufen ist. Dann ist uns in einem Jahr vor Weihnachten unter der Endjahreslast (Abgaben vorm Jahreswechsel) die Netzwerk-Infrastruktur zusammengebrochen. Momentane Lösung, seit einigen Jahren: Wir besitzen keine eigene Hardware mehr, sondern "mieten Ressourcen" auf Abstraktionsebene von VMs mit CPUs, RAM und Storage in verschiedenen Güteklassen (schnell/langsam, mit/ohne Backup) im RZ eines lokalen Partners. Dort haben wir eine gegenseitige Abhängigkeit (ohne den können wir unser Geschäft nicht mehr tun, ohne uns fällt dem ein substantieller Teil des monatlichen Umsatzes weg), aber es funktioniert stabil. Viel wichtiger aber: Dieses Modell ist möglicherweise teurer, als Hardware und Software selbst vorzuhalten. Aber es ist *deutlich* billiger, als Hardware und Software *und* Personal, Prozesse, Wissen, Qualifikation ... für deren Betrieb immer selbst vorzuhalten. Aus dieser Brille ist die Entwicklung für mich sogar konsequent, nahtlos, folgerichtig: Irgendwann gab es einzelne Rechner, für die Software individuell entwickelt wurde durch die Leute, die die Maschine kannten. Irgendwann gab es Betriebssysteme für eine Klasse von Maschinen - die Betriebssystem-API war "Schnittstelle", und die Anwendungsentwickler obendrüber mussten nicht zwingend die Maschinen kennen (und die Betriebssystementwickler "darunter" nicht mehr zwingend die Anwendungs-Use-Cases). Irgendwann gab es Virtualisierung auf Maschinenebene, und plötzlich mussten Betriebssysteme nicht mehr auf spezifischem Blech laufen, konnten Betriebssysteminstallationen mit Anwendungen darauf zwischen Maschinen verschoben, portiert, ... werden. Irgendwann gab es VMs in der "Cloud", bei der man zwar wusste, das natürlich Hardware untendrunterliegt, sich darum aber gar keine Gedanken mehr machen musste. Die Schnittstelle zwischen "Anwendung" und "Infrastruktur", zwischen "eigener Arbeit" und "Einkaufbarem" rutscht stückweise höher - was erwartungskonform ist, weil es überall anders in einer arbeitsteiligen, sich immer mehr spezialisierenden Gesellschaft genau so läuft. Und ich denke durchaus, dass das auch für Nachhaltigkeit gut ist. Etwa: Stand heute bräuchten wir aus Redundanzgründen eigentlich mindestens vier Leute um Systems Engineering - von denen sich aber mindestens zwei immer
Re: Befreiung der Haushalte, der Behörden, ... von Microsoft-Software (ein Beispiel)
Am 12.05.2020 um 10:17 schrieb Kristian Rink: Hi Theo, *; ... Das Thema halte ich insofern schon für interessant, aber hier sehe ich zwei Baustellen, die mit FLOSS nur am Rande zu tun haben, für die ich aber keine Lösung kenne: - Allgemein: Dort stelle ich mir manchmal schon die Frage, wie "effizient" ein KMU mit eigenem Serverraum hier ist im Vergleich zu Google oer Amazon, die das in extrem großem Stil und extrem optimiert machen bis zu einem Punkt, an dem sie sogar so etwas wie "green IT" ... - Konkreter: ...Für die meisten Organisationen, mit denen ich zu tun habe, sind Ansätze wie Amazon oder Azure deswegen interessant, weil sie extrem gut in *beide* Richtungen skalieren ... Diese Themen sind aus meiner Sicht hinreichend relevant und spannend, aber absolut nichts, wofür die Lizenz von Software irgendwie maßgeblich wäre ... Hallo Kristian, Ich glaube es gehört schon alles ein bisschen zusammen. Ich kann hier nur meine eigene Geschichte erzählen, die zeigt, dass es eigentlich nur um den Willen geht: den eigenen politischen und den guten der Mitarbeiter. Ich bin der Gatte einer ehemaligen Geschäftsführerin einer kleinen Organisation mit anfänglich 2, später 8 Arbeitsplätzen und half bei der IT mit. Anfänglich MS-DOS, der Wechsel zu Mac scheiterte weil ich als Mac-User realisierte, wie extrem die Abhängigkeit zu Apple war: einfachste Hardwarefehler liessen sich nicht reparieren (oder brauchten Monate) und das ehemalige geschlossene System kam nicht gut zurecht mit dem Internet und fremder Hardware und stürzte dauernd ab. So kam Windows, und es war recht teuer. Ich kann mich erinnern, dass unser Profi-Support acht Stunden aufschrieb für die Einrichtung eines Zip-Laufwerks. Deshalb untersuchte ich Linux, und obwohl ich es sehr schwierig fand, konnte ich meine eigene IT umstellen und später auch des Geschäfts. Wir kauften entweder aktuelle Spargeräte oder verwendeten gebrauchte PCs oder solche aus dem Abfall. Durch das Terminal-Server-Thin-Client System LTSP war die Administration pro Arbeitsplatz recht günstig und im Prinzip wäre auch "Homeoffice" gegangen. Unsere Internetdienste hostete der erste solare Anbieter der Schweiz. Kleine Probleme belasteten die Geduld, z.B. die Verwendung von USB-Sticks war mühsam. Ich veranstaltete mal einen Wettbewerb unter Profis und keiner konnte unsere Medien zuverlässig mounten. Dieses Problem hatte Windows nicht Dieses hatten wir für einige Programme virtuell dabei, wenn es mit WINE nicht ging. Dafür hatte wir nie irgendwelche Sicherheitsprobleme und brauchten kein Anti-Virus Zeug, während Kollegen immer wieder ihre Systeme oder Daten verloren. Wenn bei uns Festplatten ausfielen, war das zwar etwas traumatisch, aber mit dd oder so wurden schnell wieder neue von den Backups auf externen Festplatten eingerichtet. Zu der Zeit brauchten die Linux-Systeme ähnliche Hardwareressourcen wie Windows, aber wir ersparten uns das Lizenzchaos und das regelmässige Eintippen von 20-stelligen Zahlen. Ein Pproblem war, dass es keinen zuverlässigen lokalen Support gab. Die Anbieter und ihre Angestellten wechselten dauernd, aber bei Mac und Windows war es mir nicht besser gegangen, ausserhalb von Userkreisen. Deswegen konnten einige Probleme und Wünsche der Mitarbeiter nicht immer oder nicht immer schnell gelöst werden. Sie waren zufrieden, wenn alles lief, und wenn nicht, war Linux oder Open Office, etc. schuld. Aber insgesamt konnten die Systeme mit Hilfe der wechselnden lokalen Profis doch zuverlässig unterhalten werden, die Wertschöpfung blieb vor Ort. Ungefähr zwei Jahrzehnte ging das recht gut. Die Kosten waren, so weit ich das beurteilen konnte, ziemlich niedrig, und die Hardwarekosten sehr niedrig. Mit dem Wechsel der Geschäftsleitung änderte alles. Komplett neue, Windows-taugliche Geräte wurden angeschafft, aber auch neue Bildschirme usw. Die einfachen Router und Switches wurden durch einen grossen Rack voll dauernd blinkenden und niemals ruhenden Geräten ersetzt. Backups via Dropbox. So weit ich das beurteilen kann, ist es jetzt viel teurer und braucht mehr Strom, von grauer Energie gar nicht zu sprechen, für etwa dieselbe Funktionen wie vorher. Fazit: es ist immer ein politischer Entscheid, ob man die übliche Komfortlösungen wählt und dabei z.B. die Weltraumpläne von Jeff Bezos unterstützen will, oder sich mit lokalen Individuallösungen abmüht. Und beim Energieverbrauch kann ich mir nicht vorstellen, dass auch die effizientesten Green-IT Cloud-Lösungen sparsam sind, wenn man die ganze Infrastruktur des Internets einrechnet, besonders wenn es dann noch drahtlos gehen soll, wie immer mehr gefordert wird. LG, Theo ___ FSFE-de mailing list FSFE-de@lists.fsfe.org https://lists.fsfe.org/mailman/listinfo/fsfe-de Diese Mailingliste wird durch den Verhaltenskodex der FSFE abgedeckt. Alle Teilnehmer werden gebeten, sich gegenseitig vorbildlich zu behandeln: