Hallo!

Am 9. April 2009 11:06 schrieb Frederik Ramm <frede...@remote.org>:
> Hallo,
>
>> Wie soll man mit sowas umgegehen?
>> Darf man Wege in Kasernen oder Übungsgebieten eintragen?
>> Wie weit darf man mit der Kartografie gehen?
>
> Das Schwierige ist: Wenn man sich hier Beschraenkungen auferlegt oder
> auferlegen laesst, *wessen* Recht akzeptiert man dann?

Als "Projekt" kann man sich diese Frage vielleicht stellen: Als Mapper
vor Ort ist es klar: Da hält man sich lieber an das lokale Recht, wenn
man keine Lust auf Schwierigkeiten hat - und wir sollten den Teufel
tun, etwas anderes als die Einhaltung des lokalen Rechts zu empfehlen!

> Unsere Datenbank enthaelt viele Daten aus Laendern, deren Regierung es
> nicht moechte, dass wir diese Daten halten (China etc.); wir zucken mit
> den Schultern und sagen: Euer Problem, wenn ihr gegen freie Geodaten
> seid.

Wir können nur solange mit den Schultern zucken, bis eine Regierung
"ernst" macht und irgendjemand gewaltigen Ärger am Hals hat.

Grade wurde erst wieder ein Ausländer "verknackt" weil er geologische
Untersuchung ohne Erlaubnis durchgeführt hat:

http://www.telecomasia.net/article.php?id_article=12957

4 Monate Untersuchungshaft, 16500$ Strafe, Abschiebung aus China und
Ausrüstung futsch- "euer Problem, wir machen's trotzdem" ?

Dummerweise verstehen die Chinesen eben wenig Spass, wenn es um ihre
"nationale Sicherheit" geht, und eine nationalistische Hexenjagd auf
Ausländer kommt bei den Internetusern immer gut an:

http://guanyu9.blogspot.com/2009/03/beijing-fears-hostile-use-of-gps-by.html

“How to Catch a Foreign Spy Mapping Chinese Terrain” - hört sich nach
Realsatire an, ist es aber nicht:

"Ein Ausländer geht eine Straße ab, und nimmt sie auf einem GPS Gerät
auf. Immer wenn er an einer wichtigen Kreuzung vorbeikommt, wird er
sie markieren. Wenn der Krieg ausbricht, werden JDAM (Joint Direct
Attack Munition) Bomben genau auf diesen Zielen landen."

"Deshalb: Wann immer sie einen Ausländer die Straße entlang gehen
sehen, der längere Zeit aufmerksam seinen PDA benutzt: Zögern Sie
nicht, rufen sie sofort die Polizei"


Als Reaktion kommen dann die Schlaumeier ;)

http://mylaowai.com/2009/04/04/geocaching-in-china/

mit sowas macht man sich aber eben auch keine Freunde bei den Chinesen.

> Wenn die deutsche Regierung - und das ist rein hypothetisch, ich
> denke eher, es ist denen egal - etwas gegen das Mapping von deutschen
> Militaeranlagen haette, warum sollten wir auf die deutsche Regierung
> eher hoeren als auf die chinesische?

Es ist denen _heute_ vielleicht egal. Vor 30 Jahren hätten sie das
noch anders, und hinter jedem GPS einen von "drüben" gesehen.

Es ist die eine Sache, das Mappen grundsätzlich zu verbieten - und das
tun ja nicht mal die Chinesen. Es ist aber eine ganz andere, wie man
mit dem Thema "nationale Sicherheit" umgeht, und das sieht man in
China naturgemäß etwas rigider als bei uns.

Von Freunden umgeben, können wir es uns _heute_ leisten zu sagen: Hier
sind militärische Einrichtungen - "weiß ja eh jeder". Wenn deine
Nachbarn aber nicht Schweiz, Frankreich und Polen - sondern
Nord-Korea, Pakistan und Afganistan heißen, dann sieht das anders aus
und von "weiß ja eh jeder" kann keine Rede sein.

Da kommt einem ein Ausländer mit einem GPS bestenfalls unheimlich,
vermutlich aber eher bedrohlich vor - besonders wenn die
Propagandamaschine schon ein Weilchen rollt:

unter:

http://www.wangchao.net.cn/bbsdetail_797311.html

erfährt man zB, das die japanische Armee erst einmal extrem genaue
Karten erstellt hat, bevor man das Land überrannt und die Qing
gestürtzt hat (sehr interessant übrigens, Maßstab 1:10000 von weiten
Teilen Chinas, Copyright dürfte abgelaufen sein ;)

Ferner erfährt man natürlich von Genauigkeit mit der die JDAMs die
chinesische Botschaft in Belgrad weggeputzt haben, und das die Amis
Osama mit einer genaueren Karte von Afganistan längst erwischt
hätten...

Man erfährt aber auch, wie finanziell wichtig Geodaten sind - und das
auf diesem Feld die Ausländer nicht alleine absahnen sollen. In dem
Zusammenhang wird auch berichtet, dass es positive Beispiele der
Zusammenarbeit mit Ausländern gibt.

Ich finde man sollte da aufpassen und sich über eins im klaren sein:

Anders als im schönen geeinten Europa mit unseren Bürgerrechten,
können dort nur mit, niemals ohne oder gegen die Regierung erfolgreich
sein.

Wir müssen doch nur die Fakten zeigen: Wir wollen keine JDAMs werfen,
wir wollen das sie mit uns zusammen Geodaten sammeln und friedlich
benutzen - welche Geodaten das sind, kann jeder sehen, und editieren.
Eben auch die chinesische Regierung.

Wir haben als Geodaten Projekt mehr davon, wenn es demnächst
Mappingpartys mit (Selbst)Zensur gibt, nicht wenn wir uns einen
Editwar mit den Hackern der Volksbefreiungsarmee um die Positionen der
Kasernen in Lhasa liefern. So etwas könnten wir nur verlieren.

Gruß,
Stefan

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