Hallo,

ich denke, ich starte mal einen neuen Thread, es ist ja auch ein neuer
Monat und es hat sowieso jeder den Überblick verloren, wo die
verstreuten Diskussionen alle so sind. Ich werde mal (wahrscheinlich
erfolglos) versuchen, mich kurz zu fassen, deswegen Stichpunkte.

Vielleicht schaffe ich es ja, so halbwegs einen Überblick zu bieten, so
dass auch noch andere in die Diskussion einsteigen können.

1. Martins Vorschlag:
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T1 T2 T3* — Merkschema: rund, auf/ab, Strich
 °  ˆ  ´  – Grundsymbole
 ¸  ˇ  `  – gespiegelt (Ausnahme Cedille)
 ↻  ˞  /  – Sonderzeichen
 ¨  ˜  ˝  – doppelt
 ˙  ˘  ᾿  – gerundet
 .  ¯  ῾  – gespiegelt gerundet (Ausnahme: Makron)

* T1: links neben der 1, T2: zwischen - und Rücktaste, T3: zwischen ß
und Enter
 
zugrundeliegende Paradigmen:
• Gute Merkbarkeit ist das wichtigste Kriterium für die Anordnung der
toten Tasten. Außerdem gute Erreichbarkeit der wichtigen Zeichen.
• Es werden meist keine ganzen Sprachen, sondern eher einzelne Namen,
Ortsbezeichnungen u.ä. getippt – deshalb keine Optimierung auf einzelne
Sprachen nötig.¹
• Für die Merkschemata sollte ausschließlich das Aussehen der Zeichen
herangezogen werden („leichter und logischer“), weil viele nicht wissen,
wohin es gehört und welche Funktion es hat.
• Erreichbarkeit: T3 > T2 > T1 (d.h. T3 ist am besten erreichbar, T1 am
schlechtesten)

Vorteile des Vorschlags:
• gute Merkbarkeit (was natürlich subjektiv ist)
• Merkschemata nur auf Aussehen bezogen
• seltenere Zeichen befinden sich auf der schlecht erreichbaren T1 und
auf den Ebenen 5 und 6
• persönlich mag ich die Symmetrie ˆˇ analog zu `´

Kritik der Paradigmen:
• Zustimmung. Ich sehe auch die Merkbarkeit als wichtig an, aber es gibt
auch Gegenmeinungen (Pascal):
> Stattdessen ist es wichtig, dass Zeichen einer Sprache auf je einer Ebene 
> vereinigt werden – dies wird ja bereits getan.
• Doch, ich denke, es werden durchaus ganze Sprachen getippt. Neo sollte
deshalb alle Sprachen mit lateinischer Schrift berücksichtigen,
bevorzugt die, welche vorwiegend in deutschsprachigen Ländern gelernt
und gesprochen werden – also vor allem Französisch, Spanisch,
Italienisch (Schweiz, Südtirol…), dann Nachbarsprachen und Türkisch.
Niemand lernt für seine Fremdsprache eine neue Tastatur.
Warum ist das wichtig? Weil damit das Kriterium, wichtige SPRACHEN
(nicht ALLGEMEIN häufige Diakritika) gut erreichbar zu machen, an
Bedeutung gewinnt. Beispielsweise, dass die bekanntesten Akzente `´ˆ
(französisch) auf der ersten Ebene liegen. 
• Kann man sich eine Regionenzuordnung merken? Das kann ich schlecht
beantworten, ICH kann es jedenfalls, aber darum geht’s ja nicht. Ich
denke, es funktioniert schon, weil man Diakritika mit den häufigsten
Zeichen und Sprachen, mit denen sie vorkommen, assoziiert. Also ˜ mit ñ
und Spanien, ° mit å und Skandinavien (auch / mit ø), ˇ mit č oder š und
Slawen, ¸ mit ç und Frankreich. Andere, wie ˙¯˘, werden wohl eher nicht
assoziiert.
• T1 und T2 liegen bei Standardtastaturen genau symmetrisch bezüglich
der Grundposition des kleinen Fingers – 2 Tasten nach oben, 1¼ nach
außen. Allerdings sind die Modifier links besser erreichbar, deswegen T2
rechts vielleicht doch besser als T1. Das würde ich nicht überbewerten,
aber prinzipiell gilt T3 > T2 > T1 durchaus.

Nachteile des Vorschlags:
• Er ist »maximalinvasiv«, es wird eigentlich alles geändert. Das muss
man allerdings nicht als Nachteil sehen.
• Einige Zeichen liegen meiner Meinung nach zu gut: ° auf Ebene 1,
obwohl eg eigentlich nur als å in Skandinavisch und ů in Tschechisch
benutzt wird. Und der Haken auf Ebene 3, obwohl er beinah nur für IPA,
Vietnamesisch und Afrikanisch benutzt wird.
• Ein anderes liegt, finde ich, zu schlecht: ˙ auf T1(5), v.a. für
Polnisch ż und türkisch ı, İ.
• Zuordnung Länder ↔ Ebenen ist völlig durcheinander (aber beabsichtigt,
siehe Paradigmen)
• die spiritus ᾿῾ liegen nicht mehr beide auf der Griechen-Ebene
(schlecht z.B. für eine Modularisierung)

Gesamtkritik:
Martins Vorschlag gefällt mir besser, als ich es am Anfang gedacht
hätte. Allerdings stimme ich den zugrundeliegenden Paradigmen nicht zu,
aber das ist etwas, was nur die Community klären kann. Ich denke auch
mehr in Ebenen, d.h. mir ist eher wichtig, auf welche Ebene ein Zeichen
kommt, als auf welche Taste.
Insgesamt finde ich meinen Vorschlag immer noch besser (aber
knapp :-) ), vor allem, weil er mehr die Sprachen, in denen die Zeichen
vorkommen, berücksichtigt, und z.B. Französisch auf die unteren zwei
Ebenen bugsiert, die Akzente auf die unteren drei. Damit treten dann
auch die obigen Nachteile nicht auf (dafür wieder andere).²

Alles in allem steht und fällt die Entscheidung wohl mit der Frage,
inwieweit die den Diakritika zugehörigen Sprachen berücksichtigt werden
sollten, oder ob tatsächlich nur die Geometrie eine Rolle spielt.


2. NeoCon-Ver(schlimm)besserung von Martins Vorschlag
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Tausch Cedille ↔ Drehen-Taste

Angegebene Vorteile:
• Die Haken ¸ und ˞ sind so auf einer Ebene
• ° und ↻ als Gegensatzpaar auf Ebene 1/2

Meine Antwort war:
> Ich sehe da eigentlich nur Nachteile, und kann die angegebenen
> Vorteile nicht als solche anerkennen.
Denn:
• Drehen sollte auf der dritten Ebene bleiben, weil es vor allem mit
Zeichen aus der dritten und sechsten Ebene kombiniert wird. Das ist mein
Hauptgrund.
• In deinem Vorschlag ist die dritte Ebene die Sonderzeichen-Ebene, und
die toten Zeichen da (Haken, Strich, Drehen) setzen – im Unterschied zu
allen anderen (z.B. h → ḧ) , keinen Akzent über oder unter das Zeichen,
sondern verändern das Zeichen selbst: ɦ ħ ɥ. Der Tausch zerstört diese
Regelmäßigkeit.
• ° und ↻ passen auch nicht wirklich intuitiv in das Schema (2. Ebene
gespiegelte Version der ersten), das ist jedenfalls kein Vorteil zur
Cedille. Die ist natürlich auf der zweiten Ebene auch nicht intuitiv,
aber irgendwo muss sie ja sein. (Ich finde, sie passt da noch besser hin
als ↻, das ist aber sehr subjektiv.)
• „damit die Haken auf einer Ebene liegen“ – nun gut, man kann eine
Ähnlichkeit zwischen Cedille, Ogonek und Haken sehen, man muss aber
nicht. Der Haken ist meistens oben, die Cedille fast immer unten. Der
Haken verändert (meistens) den Buchstaben, die Cedille wird nur
angefügt. Und zum Durchstrich gibt es keinen Bezug, so dass die Haken
schlecht als Ebenen-Merkschema benutzt werden können. Ich finde die
»Sonderzeichen«-Bezeichnung noch am besten merkbar, und da passt ↻ auch
gut rein.
• Französisch kann man so nicht mehr mit den zwei ersten Ebenen
schreiben. OK, die Diärese ¨ für ëï war eh schon auf der vierten Ebene,
aber die Cedille auf der dritten macht es jedenfalls nicht besser. Kein
starkes Argument, deswegen steht es unten :-).


3. Zum Vergleich: Peters Vorschlag
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siehe http://wiki.neo-layout.org/wiki/Diakritika#VarianteIIPeter

T1 T2 T3 — Merkschema: auf/ab, abwärts/Punkte, aufwärts/Striche
 ˆ  `  ´  – Akzente
 ˜  ¨  ¸  – Westen
 °  ↻  /  – Norden
 ˇ  ˙  ˝  – Osten
 ˞  ῾  ᾿  – Griechen/Haken
 ˘  .  ¯  – Vokallängen

Speziell im Vergleich mit Martins Vorschlag fällt auf:
• Ebenen-Merkschemata beziehen sich auf Regionen oder Funktionen
• Geometrie-Merkschema für die Tasten ist nicht sooo toll durchgezogen
⇒ schlechtere Merkbarkeit?
• keiner der oben angegebenen Nachteile von Martins Vorschlag tritt auf
(keine Kunst, da jene Liste eben aus Sicht meines Vorschlags verfasst
wurde)
• der Vorschlag ist halbwegs minimalinvasiv, d.h. die ersten drei Ebenen
ändern sich bis auf den Tausch ¨ ↔ ↻ nicht (und den muss man nicht
unbedingt machen)

Man beachte auch Alex’ Vorschläge (s. Wiki), die meinem (im Vergleich zu
Martins) aber sehr ähnlich sind.


So, und jetzt fällt mir nichts besonders Geistreiches mehr ein.

Gruß,
Peter


¹ Martin schrieb:
> Wenn ich dem Paradigma/(oder nennt es sonstwie) folge, dass wir mit
> Neo 
> nicht ganze Sprachen tippen, sondern Wörter und vielleicht auch Sätze
> aus 
> ihnen, ist es doch besser, nicht nur eine oder zwei, sondern alle 
> schreiben zu können.

² Ergänzung: Unwiderstehlich für mich ist natürlich, dass der Vorschlag
auf Tschechisch optimiert ist ;-), wenn man noch ˆ ↔ ˇ vertauscht (was
die Merkbarkeit wegen der Beziehung ˇ/˘ sogar noch verbessert). Dann
liegen alle tschechischen Diakritika auf der ersten Ebene. Hmm, meine
Güte, ich bin schon fast bekehrt… :-)



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