On 02.08.2011 13:21, Michael Gattinger wrote:
Meiner Meinung nach hast du da grundlegend etwas falsch gemacht: Du "kannst" es
erst, wenn du 120 Anschläge die Minute schaffst. Wenn du die
Positionen auswendig lernst und es abrufen kannst aber bis zur Ausführung 1
Sekunde brauchst dann ist das nicht das was du brauchst. Du meinst du
hättest es in 3 Tagen auswendig gelernt. Meiner Meinung nach sitzt das ganze
dann im Kurzzeitgedächtnis und vorallem BEWUSST. Ziel sollte es doch sein
das ganze ins Unterbewusstsein zu befördern. So denkst du doch bei qwertz auch
nicht nach welche Tasten du drückt, sondern machst es einfach. Es sind
halt die Bewegungsabläufe, die bei qwertz im UNTERBEWUSSTSEIN gespeichert sind
und nicht die Positionen der Tasten. Die Positionen der Tasten befinden
sich m.M.n im bewussten Langzeitgedächtnis.
Ich habe im Juni 2008 – in der heißen Phase meiner Diplomarbeit :) – mit Neo2 angefangen und habe nach nicht einmal 2 Wochen Eingewöhnung erste
Adaptierungen am Layout vorgenommen. Alternativen a la NordTast oder AdNW gab es noch nicht, also bin ich meinen eigenen Instinkten gefolgt und habe
insbesondere die linke Hand anders angeordnet: Alle Vokale (aeiou, äöü und y) waren bei mir auf den linken Fingern 5, 4 und 3 angeordnet, und die
Konsonanten sind auf den Zeigefinger gewandert. Mit meinem »Neo-VM« bin ich einige Zeit gut ausgekommen, bis sich erste Alternativen ergeben haben.
Seither habe ich etwa 15 bis 20 Mal das Layout gewechselt. Einige Belegungen habe ich vollständig bis zur Geläufigkeit erlernt, andere schon nach
Stunden oder wenigen Tagen aufgegeben. Derzeit teste ich »DIEgO«, eine Belegung, die sich von AdNW ableitet und deren Finger-Laut-Kollisionen
vermeidet. Das heißt, der Optimierer hat das Layout gefunden, indem er die Strafpunkte minimiert, die sich für ein Layout ergeben, wenn sich ähnliche
Laute wie d/t, b/p, g/k, s/ß auf dem gleichen Finger befinden, was zu häufigeren Vertippern führt. Interessanter Weise hat gerade QWERTZ hier
keinerlei Schwierigkeiten, da diese Laute bereits von vornherein weit auseinander liegen. Ich halte diesen Umstand dafür verantwortlich, dass dieser
Effekt erst so spät Beachtung findet.
Worauf ich eigentlich hinaus will, ist die Feststellung meinerseits, dass ich als perfektionierter 10-Finger-Tipper bislang bei jedem Layout-Wechsel
die Belegung auf 6 klar erkennbaren Ebenen lernen musste, sie sich in drei aktive Mechanismen und drei Kontrollmechanismen aufspalten. Hier eine grobe
Übersicht über diese Ebenen.
1. Die bewusste Ebene
Man konzentriert sich auf den einzelnen Buchstaben und drückt in Folge die richtige Taste. Hier wird mit bewusster Suche und gelegentlichem Spicken
auf die großflächige Tastenbelegungstabelle gearbeitet. Diese Ebene lässt sich gut erlernen, indem man sämtliche visuelle Reize entfernt –
insbesondere das visuelle Feedback (siehe Punkt 6). Am besten ist es, man schließt in dieser Phase die Augen und stellt sich die
Tastenbelegungstabelle im Geiste vor. Schon nach wenigen Minuten stellt sich für einige Tasten die unbewusste Assoziation ein, und der Übergang zur
Ebene 2 kann sich vollziehen.
In dieser Phase kommt einem immer wieder das Finger-Feedback (Punkt 4) in die Quere: Man will einen Finger auf die Reise zur nunmehr neuen Taste
schicken, aber das Gehirn drückt den Buzzer und sagt: Nein, damit wirst du daneben hauen! Wenn man das Finger-Feedback am Anfang nicht rasch genug
ausschaltet, kommt es schnell zu Krämpfen, die maßgeblich für den Frust mit dem neuen Layout verantwortlich sind.
2. Die unbewusste Ebene
Man trifft die richtige Taste zum Buchstaben, ohne sich auf die Taste konzentrieren zu müssen. Auch wenn sich noch keine vollständige Geläufigkeit
eingestellt hat, kann man schon ansehnlich Texte schreiben. Ich schätze, die unbewusste Ebene beginnt bei etwa 150–200 Zeichen pro Minute.
Auch in dieser Phase des Umlernens hat man Probleme mit »schlechten Angewohnheiten«. Das Finger-Feedback hat man durch bewusstes Ignorieren
deaktivieren können, dennoch hat man bei vielen Tastendrücken ein schlechtes Gewissen, insbesondere wenn sich die erste Geläufigkeit einstellt: Kaum
fangen die Finger an, vom Trab zum Galopp zu wechseln, fangen die Krämpfe wieder an, manchmal korrigiert man bereits richtig geschriebene Buchstaben,
weil irgend ein unterbewusster Kontrollmechanismus den Tastendruck als falsch einstuft. Ich nenne das Tasten-Feedback (Punkt 5), welches sich auch
erst langsam entwickeln muss.
3. Die geläufige Ebene
Man denkt an ein Wort und vollführt eine schnelle Abfolge von Fingerbewegungen, die in ihrer Gesamtheit das Wort im Computer aufbauen. Jetzt klappert
der Storch so richtig, die Finger fliegen nur so dahin. Das einzig verbliebene Problem ist hier das visuelle Monitor-Feedback (Punkt 6), das manchmal
als unterbewusster Kontrollmechanismus meint, dass die Buchstaben am Bildschirm – ungeachtet ihrer Sinnhaftigkeit – nicht zu den tatsächlich
gedrückten Tasten passen. Auch hier stellt sich ein ungutes Gefühl ein, das wiederum von Unsicherheit und Krämpfen begleitet sein kann.
4. Finger-Feedback
Man merkt, dass man den falschen Finger bewegt und macht diese Bewegung
rückgängig, bevor man die Taste gedrückt hat.
5. Tasten-Feedback
Man merkt durch Druck auf die falsche Taste, dass man eigentlich etwas anderes schreiben wollte. Funktioniert auch beim Abschreiben, wenn man also
keinen Blick auf den Monitor riskiert.
6. Monitor-Feedback
Man sieht, dass die gedrückte Taste und das Zeichen, das am Bildschirm
erscheint, zusammen passen.
Soweit mein Feedback zum Thema Lernkurve. Kann jemand diese Einschätzung teilen?
– Mœsi